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Babylon 2.0 — der Papst forçiert eine Weltregierung.


By Geier - Posted on 12 Juli 2009


12. Juli 2009
 

 

Sensibilisiert durch die Presseberichte darüber, daß der Papst in seiner neuesten Enzyklika »Caritas in Veritate« (Liebe in Wahrheit) die Einrichtung einer Weltregierung fordert, wollte ich nicht aus zweiter Hand kommentieren sondern habe mich tatsächlich der Mühe unterzogen, den ganzen Text zu lesen.

Das ist kein leichtes Unterfangen gewesen, denn die brisanten Textteile sind versteckt in einer unglaublichen Textwüste, die nicht nur durch ihre schiere Menge, sondern auch durch die Art der Diktion auf den Leser nicht gerade einladend wirkt. So schreibt niemand, der von den Menschenmassen, deren Interessen er in dem Text zu verteidigen vorgibt, auch wirklich verstanden werden will.


Neben einzelnen recht klaren Aussagen findet sich seitenweise Füllmaterial, das sich in einem sowohl-als-auch erschöpft, jedenfalls nicht gerade das, was dem Grundsatz »Euer Ja sei ein (verständliches, klares, belastbares) Ja und Euer Nein ein (ebensolches) Nein« (Mt. 5, 37) entspräche. So ist es streckenweise extrem mühselig, den inhaltlichen Kern der Enzyklika aus der dicken Schale von aussagearmen Labersätzen geradezu merkelschen Formats herauszuschälen
:

Die Kompliziertheit und Schwere der augenblicklichen wirtschaftlichen Krise besorgt uns zu Recht, doch müssen wir mit Realismus, Vertrauen und Hoffnung die neuen Verantwortungen übernehmen, zu denen uns das Szenario einer Welt ruft, die einer tiefgreifenden kulturellen Erneuerung und der Wiederentdeckung von Grundwerten bedarf, auf denen eine bessere Zukunft aufzubauen ist.

Die Globalisierung ist ein vielschichtiges und polyvalentes Phänomen, das in der Verschiedenheit und in der Einheit all seiner Dimensionen – einschließlich der theologischen – erfaßt werden muß. Dies wird es erlauben, die Globalisierung der Menschheit im Sinne von Beziehung, Gemeinschaft und Teilhabe zu leben und auszurichten.

 

Kurz: daß es diesmal etwas länger gedauert hat bis zur nächsten Geiernotiz, ist dem Unwillen des Pontifex anzulasten, sich knapper auszudrücken.

Es ist in diesem Mammuttext aber auch wirklich für jeden etwas dabei: Gewerkschaften, Tourismus, Finanzwesen, Familie, Konsumgenossenschaften, Umweltschutz, Verbraucherverbände, Psychologie, Kommunikationstechnik und immer so weiter — es gibt kaum einen Lebensbereich, den der Papst ausläßt.

Was aber fehlt, ist eine geistliche Dimension. Der Text ist zwar durchsetzt von geistlichen Schlagworten wie Liebe und Wahrheit, diese sind aber aus ihrem geistlichen Kontext herausgelöst und werden auf befremdliche Weise in einen diesseitigen Zusammenhang gestellt. Der Papst betätigt sich als Welterzieher. Der ganze Text ist getragen von dem Bestreben, eine irgendwie bessere, gerechtere Welt zu erreichen, so als ob dies unter den Bedingungen einer gefallenen Schöpfung und mit unerlösten Menschen überhaupt möglich wäre. Das ist kein Christentum, sondern Humanismus, das Problem ist aber, daß dem Papst der Unterschied zwischen Christentum und Humanismus gar nicht geläufig scheint, da er sich sogar dazu versteigt, von einem »christlichen Humanismus« zu sprechen, was ja nicht folgerichtiger ist als die Forderung nach einem »christlichen Hinduismus« oder einem »christlichen Islam«:

»In der Pastoralkonstitution Gaudium et spes sagten die Konzilsväter: ›Es ist fast einmütige Auffassung der Gläubigen und Nichtgläubigen, daß alles auf Erden auf den Menschen als seinen Mittel- und Höhepunkt hinzuordnen ist‹.«

»Die große Kraft im Dienst der Entwicklung ist daher ein christlicher Humanismus …«

 

Die »Hinordnung auf den Menschen« ist aber gerade nicht Konsens der Gläubigen und Nichtgläubigen, sondern typisches Charakteristikum der Nichtgläubigen; diejenigen, die Christus zugehören, sind auch auf diesen hingeordnet. Die Lokalisierung des Menschen als »Mittel- und Höhepunkt« ist nichts anderes als humanistischer Götzendienst. Überhaupt: Mit seiner Enzyklika hat sich der Papst eindeutig im Zeitalter verlaufen. Denn während die Schrift sagt, daß wir »gemäß Verheißung neue Himmel und ein neues Erdland erwarten, in denen Gerechtigkeit wohnt« (2. Petr. 3, 13) gibt er der babylonischen Verführung nach, schon in diesem Zeitalter einen »Himmel auf Erden« schaffen zu wollen:

»In einer Gesellschaft auf dem Weg zur Globalisierung müssen das Gemeinwohl und der Einsatz dafür unweigerlich die Dimensionen der gesamten Menschheitsfamilie, also der Gemeinschaft der Völker und der Nationen, annehmen, so daß sie der Stadt des Menschen die Gestalt der Einheit und des Friedens verleihen und sie gewissermaßen zu einer vorausdeutenden Antizipation der grenzenlosen Stadt Gottes machen.«

 

Der Erfolg für Gottes Plan hängt dabei nicht an Christus, sondern am »guten Willen« des Menschen:

»Von daher kommt die Pflicht der Gläubigen, ihre Bemühungen mit allen Menschen guten Willens – Angehörige anderer Religionen oder Nichtgläubige – zu vereinen, damit unsere Welt wirklich dem göttlichen Plan entspricht: als eine Familie unter dem Blick des Schöpfers zu leben.«

 

Die Einheit gemäß Joh. 17, 22 wird von Benedikt nicht auf die Gemeinde, sondern auf die »Gemeinschaft der Menschheitsfamilie« bezogen. Eine menschliche Einheit außerhalb von Christus kann es aber genausowenig geben wie eine Erlösung außerhalb von Christus; wo diese verkündigt wird, wird eine fremde Religion — hier eben der Humanismus — bekannt. Überhaupt zeigt der Papst einmal mehr keine Berührungsängste bei der Verkündigung anderer Religionen, etwa wenn er in der Enzyklika auch vom »Schutz des Klimas« spricht und damit die Klimareligion befördert, also die groteske Wahnvorstellung, daß der Mensch das Klima beherrschte und nicht etwa Jahweh, der gesagt hat: »Noch alle Tage des Erdlands werden Same und Ernte und Kühle und Wärme und Sommer und Winter und Tag und Nacht nicht aufhören« (1. M. 8, 22).

Die katholische Kirche, die sich ja gern selbst als »Weltkirche« bezeichnet, stellt sich mit der Enzyklika tatsächlich als eine durch und durch weltliche Kirche dar, die nicht ausgerichtet ist auf den Abschluß des Zeitalters im Gericht hin, sondern ihren Platz in dieser Welt gefunden hat und behauptet. Dieser Papst ist jedenfalls nicht durchdrungen von der Erkenntnis, daß »die Freundschaft mit dieser Welt Ehebruch und Feindschaft gegen Gott ist« (Jak. 4, 4). Es scheint also kein Zufall zu sein, daß er Mt. 28, 20 — »Siehe, ich bin bei Euch bis zum Abschluß (zur Vollendung) des Zeitalters« — in falscher Übersetzung anführt, (die aus dem »Abschluß des Zeitalters« das »Ende der Welt« macht), was ja insofern mißverständlich ist, als der Begriff »Ende der Welt« nicht zwangsläufig in zeitlicher Hinsicht verstanden wird, sondern auch in räumlicher. Daß aber dieses Zeitalter mit all seinen unerfreulichen Entwicklungen einem Abschluß im Gericht entgegentaumelt, kommt in der Gedankenwelt dieser Enzyklika nicht vor, stattdessen trieft sie von dem Bestreben, an dieser Welt solange herumzuverbessern, bis sie zu einem guten Ort für alle Menschen geworden ist.

Überhaupt fehlt die Bereitschaft, biblische Grundwahrheiten anzuerkennen, vollständig. Referenzrahmen für die Enzyklika ist nicht die Schrift, sondern vorherige Enzykliken sowohl dieses Papstes als auch seiner Vorgänger. Wir haben es also mit einem selbstreferentiellen Gedankengebäude zu tun, das folgerichtig kaum korrigierbar ist, da es sich in immer neuen Zirkelschlüssen immer wieder selbst bestätigt. Wird die Bibel doch herangezogen, so eher als dekoratives Element. Jedenfalls könnte niemand solch ein Werk schreiben, der in der Schrift und ihrem Wertesystem zuhause ist. Hier wurde nicht die Schrift studiert, um hernach Gedanken daraus zu entwickeln, hier wurde ein Gedankengebäude gezimmert und nachträglich mit scheinbar passenden Bibelstellen garniert. Das geht auch schon einmal völlig daneben:

Diese von Populorum progressio eröffneten Perspektiven bleiben grundlegend, um unserem Einsatz für die Entwicklung der Völker Schwung und Orientierung zu verleihen. Die Enzyklika unterstreicht außerdem immer wieder die Dringlichkeit von Reformen und ruft dann auf, angesichts der großen Probleme der Ungerechtigkeit in der Entwicklung der Völker mutig und ohne Zögern zu handeln. Auch die Liebe in der Wahrheit schreibt diese Dringlichkeit vor. Die Liebe Christi ist es, die uns drängt: »caritas Christi urget nos« (2 Kor 5, 14).

 

Schlagen wir aber Text und Context nach, so sehen wir, daß es im angeführten Schriftverweis eben gerade nicht um das Reformieren des Menschen oder seiner Lebensverhältnisse geht, vielmehr um die Anerkenntnis der geistlichen Grundwahrheit, daß der Mensch überhaupt nicht reformierbar ist, sondern vielmehr zuerst mit Christus sterben, also völlig hinweggetan werden muß, um hernach neu werden zu können: »Denn die Liebe des Christus drängt uns, indem wir also geurteilt haben, daß, wenn einer für alle gestorben ist, diese somit alle gestorben sind
Diesen Kern des Evangeliums verschweigt Benedikt seinen Lesern, indem er sie in der trügerischen Sicherheit wiegt, daß der Mensch und diese Welt reformierbar wären, wenn wir uns nur alle ein bißchen mehr anstrengen würden. Damit verkündigt er ein anderes, ein falsches Evangelium, das Evangelium des Humanismus, der auf die Annahme gegründet ist, daß der Mensch im Grunde gut sei.

Wahrheit ist in diesem Denksystem nicht das absolute Wort Gottes als einzige legitime Quelle, Wahrheit ist hier relativ, formbar, sie »entwickelt sich« und hat variable Quellen:

Offen für die Wahrheit, gleichgültig aus welcher Wissensrichtung sie kommt, nimmt die Soziallehre der Kirche sie auf, setzt die Bruchstücke, in der sie sie häufig vorfindet, zu einer Einheit zusammen und vermittelt sie in die immer neue Lebenspraxis der Gesellschaft der Menschen und der Völker hinein.

 

Angesichts der Tatsache, daß der Papst hier fleißig Anleihen bei anderen Religionen aufnimmt, zeugt es von einem hohen Maß an Realitätsverlust, daß er sich dazu hinreißen läßt, ausgerechnet religiösen Synkretismus (also die Religionsvermischung) zu geißeln:

Auch eine gewisse Verbreitung von religiösen Wegen kleiner Gruppen oder sogar einzelner Personen und der religiöse Synkretismus können Faktoren einer Zerstreuung und eines Mangels an Engagement sein. Ein möglicher negativer Effekt des Globalisierungsprozesses ist die Tendenz, solchen Synkretismus zu begünstigen und dabei Formen von „Religionen“ zu nähren, die die Menschen einander entfremden, anstatt sie einander begegnen zu lassen, und sie von der Wirklichkeit entfernen. Gleichzeitig bleiben mitunter kulturelle und religiöse Vermächtnisse weiter bestehen, die die Gesellschaft in feste soziale Kasten eingrenzen, in Formen von magischem Glauben, die die Würde der Person mißachten, und in Haltungen der Unterwerfung unter okkulte Mächte.

 

Es ist außerordentlich befremdlich, solche Sätze ausgerechnet von dem Obersten einer durch und durch synkretistischen Religionsgemeinschaft zu lesen, die das Christentum durch Vermischung mit heidnischen, teilweise occulten Versatzstücken bis hin zur absoluten Unkenntlichkeit entstellt hat.

Hat nun der Papst tatsächlich zur Errichtung dieses babylonischen Friedensreiches nach einer Weltregierung verlangt? Er hat. Nur ist der Leser seiner Enzyklika, bis er zu diesen hochbrisanten Textstellen vordringt, schon mehrmals eingenickt, und wenn ich nicht zwischendurch mal den erfrischenden Wochenrückblick von Hans Heckel gelesen hätte, der mich mit klaren, geraden Sätzen wieder wach gemacht hat, wäre ich vielleicht auch nicht bis zu den entscheidenden Sätzen vorgestoßen.

Indem Benedikt den »polyzentrischen Rahmen der Entwicklung« in Frage stellt, rebelliert er gegen das göttliche Gericht der menschlichen Machtbeschränkung durch die Aufteilung in verschiedene Völkerschaften, die beständig aneinander vorbeireden und sich gegenseitig blockieren, weil sie eben nicht »einer Zunge« sind, ein Gericht, das eben gerade dem menschlichen Streben nach einer babylonischen Machtkonzentration Einhalt gebieten soll. Er greift stattdessen die Forderung seines Amtsvorgängers Johannes Paul II. nach einer »globalen Neuplanung« auf, die nichts anderes ist als eine andere Bezeichnung für die »Neue Weltordnung«.

Da steht also in der Enzyklika tatsächlich:

»Papst Paul VI. erfaßte klar, daß die soziale Frage weltweit geworden war und sah die innere Entsprechung zwischen dem Drängen auf eine Vereinheitlichung der Menschheit und dem christlichen Ideal einer einzigen, in der allgemeinen Brüderlichkeit solidarischen Familie der Völker

»Um die Weltwirtschaft zu steuern, die von der Krise betroffenen Wirtschaften zu sanieren, einer Verschlimmerung der Krise und sich daraus ergebenden Ungleichgewichten vorzubeugen, um eine geeignete vollständige Abrüstung zu verwirklichen, die Sicherheit und den Frieden zu nähren, den Umweltschutz zu gewährleisten und die Migrationsströme zu regulieren, ist das Vorhandensein einer echten politischen Weltautorität, wie sie schon von meinem Vorgänger, dem seligen Papst Johannes XXIII., angesprochen wurde, dringend nötig. Eine solche Autorität muß sich dem Recht unterordnen, sich auf konsequente Weise an die Prinzipien der Subsidiarität und Solidarität halten, auf die Verwirklichung des Gemeinwohls hingeordnet sein, sich für die Verwirklichung einer echten ganzheitlichen menschlichen Entwicklung einsetzen, die sich von den Werten der Liebe in der Wahrheit inspirieren läßt. Darüber hinaus muß diese Autorität von allen anerkannt sein, über wirksame Macht verfügen, um für jeden Sicherheit, Wahrung der Gerechtigkeit und Achtung der Rechte zu gewährleisten. Offensichtlich muß sie die Befugnis besitzen, gegenüber den Parteien den eigenen Entscheidungen wie auch den in den verschiedenen internationalen Foren getroffenen abgestimmten Maßnahmen Beachtung zu verschaffen. Die ganzheitliche Entwicklung der Völker und die internationale Zusammenarbeit erfordern, daß eine übergeordnete Stufe internationaler Ordnung von subsidiärer Art für die Steuerung der Globalisierung errichtet wird und daß eine der moralischen Ordnung entsprechende Sozialordnung sowie jene Verbindung zwischen moralischem und sozialem Bereich, zwischen Politik und wirtschaftlichem und zivilem Bereich, die schon in den Statuten der Vereinten Nationen dargelegt wurde, endlich verwirklicht werden.«

 

Kurz und schlecht: Die »Weltautorität«, die dem Vatikan vorschwebt, soll zuständig sein für Wirtschaftspolitik — also letztlich für die (Neu-)verteilung des Wohlstandes der Völker — für Umweltschutz, für Migration — also für die Grenzen und dafür, wer sich wo niederlassen darf — für Abrüstung, für die »ganzheitliche menschliche Entwicklung« — also für Bildung, Medienpolitik usw. — für die moralische Ordnung, für Sicherheit — also schlichtweg für alles. Da sie die Macht besitzen soll, ihren Maßnahmen auch Beachtung zu verschaffen, handelt es sich also um eine Weltregierung, die für jeden Lebensbereich zuständig ist und die auch über die Armeen verfügt, um sich durchzusetzen. Kurz: Es handelt sich um eine allmächtige Weltdiktatur.
Daran ändern auch all die netten Worte von Rechtsbindung, Subsidiarität und Polyarchie (also Gewaltenteilung) nichts, denn wer ernstlich der Meinung ist, daß eine Weltregierung mit den beschriebenen Vollmachten und Zuständigkeiten etwas anderes sein könne als eine totalitäre Diktatur, der hat die letzten fünftausend Jahre der Menschheitsgeschichte verschlafen.

Es ist auch aus den angeführten Citaten klar zu ersehen, daß dies kein einmaliger Ausrutscher eines Papstes ist, daß Benedikt XVI. vielmehr mit seinem Begehr in einer Reihe steht mit Johannes XXIII., Paul VI. und Johannes Paul II. Die Weltherrschaft ist offizielle katholische Machtpolitik von jeher, Rom steht in der Nachfolge Babylons.
Denn auch wenn eine säkulare Weltregierung formal die globale Macht hätte: Der Vatikan beansprucht mit dieser Enzyklika schon einmal vorab die Deutungshoheit darüber, was Recht und Unrecht, was Wahrheit und Lüge ist.

 

 

 

Siehe auch Geiernotiz vom 2. 11. 11: »Der Bock gärtnert wieder.«

 

 

 


 

Abb. gemeinfrei

 

 

 

 

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