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»… das Blöken von Kleinvieh in meinen Ohren« oder: »Rühret Gebanntes nicht an!«
23. November 2011
»Bald nun ist Weihnachtszeit …« Zwar ist Weihnachten ja nun bei weitem nicht das einzige heidnische Fest, das von der babylonischen Kirche »umgechristelt« wurde, aber ganz bestimmt das populärste. Unstrittig dürfte sein, daß die Brüder in den ersten Jahrhunderten nicht auf den Gedanken gekommen wären, ein Fest wie Weihnachten zu feiern; unstrittig fernerhin, daß etwa im dritten bis vierten Jahrhundert den Wintersonnenwendfeiern des Mithras und den Saturnalien nachträglich eine »christliche« Bedeutung untergeschoben wurde und — zusammen mit weiteren Umdeutungen und Vermischungen — jene konstantinische Mischreligion aus Heidentum und christlichen Versatzstücken gebastelt wurde, die heute von den meisten Nicht- und Nominalchristen als »Christentum« wahrgenommen wird.
Eines der Hauptmotive Konstantins für die Integration heidnischer Kulte in seine Privatversion des »Christentums« war sein Antisemitismus. Eusebius citiert ihn in »De vita Constantini« (hier in Bezug auf das Osterfest) mit den Worten:
Denn es erschien jedem eine äußerst unwürdige Tatsache, daß wir in diesem äußerst heiligen Fest den Gewohnheiten der Juden folgen sollten, welche — verdorbene Schufte! — ihre Hände befleckt haben mit einem ruchlosen Verbrechen. Es ist nur gerecht, daß sie in ihrem Sinn erblindet sind. Es ist daher passend, wenn wir die Praktiken dieses Volkes zurückweisen und in alle Zukunft das Begehen dieses Festes auf eine legitimere Art feiern. Laßt uns also nichts gemeinsam haben mit dem äußerst feindlichen Pöbel der Juden.
Konstantin hat also diese Art »Christentum« ganz bewußt von der Wurzel Israel abgeschnitten (und damit natürlich auch von Christos), weil er sich von den Juden abgrenzen wollte, und hat mit dem Katholizismus eine eigene Religion geschmiedet — in etwa so wie die Baháʼí, die sich ja auch aus allen möglichen Religionen Elemente herausgeschnitten haben, und die trotzdem niemand als Christen bezeichnen würde, nur weil sich auch das eine oder andere dem Christentum entlehnte Element bei ihnen findet.
Konstantin und Mithras
Mithras ist ein hellenischer Sonnengott, der bei verschiedenen Völkern unter verschiedenen Namen verehrt wurde. In Syrien war er als Elaga-Baal bekannt und gehörte somit zu den Baalskulten der Israel umgebenden Völker, in Rom als »Sol invictus«, also als die »unbesiegbare Sonne«. Alles, was die Schrift über die Baalskulte sagt, kann und muß demnach sinngemäß auch auf Mithras/Sol-invictus/Elaga-Baal bezogen werden. Sein Symbol war das Sonnenkreuz. Einer seiner glühendsten Verehrer war Konstantin, und zwar offensichtlich Zeit seines Lebens. Sein Gedenktag war der erste Wochentag, der »dies solis« (Sonnentag), der von Konstantin als »christlicher« Feiertag eingeführt wurde, wieder aus antijudaistischen Gründen. Während wir im Grundtext des NT von einem σταυρος (Pfahl) lesen, an dem Jeshua zu Tode gebracht wurde, führte Konstantin das Sonnenkreuz des Mithras als Symbol in sein »Christentum« ein. Letztlich hat die Einführung dieses Kultsymbols den Weg für die spätere katholische und orthodoxe Bilder- und Reliquienverehrung geebnet. Eusebius berichtet, daß auch im »christlichen« konstantinischen Heer das Kreuz als Unverwundbarkeit wirkendes Zauberzeichen angesehen wurde.
Während Nero die Zerstörung des Christentums durch brutale Verfolgung nicht gelungen war, hat Konstantin durch Korruption des Christentums den geistlichen Super-GAU ausgelöst. So schreibt Andrew Miller in »Die Geschichte der Christlichen Kirche«:
»Als Konstantin einst das Bekenntnis des Christentums zu dem Wege machte, auf dem man zu weltlichen Vorteilen gelangen konnte, drängten sich die heidnischen Soldaten und Beamten in die Kirche. Aber ach, mit ihnen hielt der Götzendienst seinen Einzug. Um diese Zeit wurden die Bilder, Gemälde, Prachtgewänder und Festtage samt den Halbgöttern des Heidentums in die bekennende Kirche eingeführt … Vom 4. bis 16. Jahrhundert hatte der Götzendienst in der herrschenden Kirche die Oberhand, und das Wort Gottes wurde von ihr mehr und mehr verworfen.«
Besonders wurde des Sol invictus in Festen anläßlich der Wintersonnenwende gedacht, am 25. Dezember, also exakt zur jetzigen Weihnachtszeit. Später sind dem Weihnachtsfest außer dem Mithraskult andere heidnische Einflüsse, z. B. aus den römischen Saturnalien oder nordeuropäischen Bräuchen zugeflossen, was die Sache noch unübersichtlicher macht. Der Baum (Wintermaien) ist als Maienbaum dem Astartenkult entlehnt. Wir erkennen in all diesem Chaos deutlich die Handschrift des Durcheinanderwerfers, des Diabolos.
Es sollte bis hierher klargeworden sein, daß die Umwidmung des Mithrasfestes als angebliches Fest der Geburt des Messias Jeshua nicht auf das Bestreben Jahwehs, sondern auf das Wirken des religiösen Fleisches zurückzuführen ist. Um einen Bezug zum Geschehen zur Zeit Kaiser Konstantins zu bekommen, stelle man sich vergleichsweise vor, daß heute ein »christlicher« Politiker Halloween zu einem christlichen Fest erklären würde. Natürlich würde es auch »christliche« Begründungen für die Umdeutung der Symbolik geben. Exakt das ist es, was — geistlich beurteilt — bei Konstantin abgelaufen ist, nur daß dies infolge der dazwischenliegenden Jahrhunderte und der beständigen katholischen Indoktrination viel vernebelter ist. Blasen wir also diesen Nebel beiseite. Der geistliche Menschen muß fragen: Wenn die Sache schon in ihren Ursprüngen offensichtlich aus dem Fleisch geboren war — wann zwischen der Zeit Konstantins und dem heutigen Tage hätte Jahweh seine Meinung in der Beurteilung dieser Angelegenheit geändert? Verfehlung wird schließlich nicht durch bloßes zeitliches Beharrungsvermögen irgendwann zur Gerechtigkeit, weswegen auch der Einwand ins Leere geht, daß ja heute niemand bewußt Weihnachten feiert, um Mithras oder Saturn zu verehren. Was vor tausendsiebenhundert Jahren ein Greuel war, ist auch heute Gott nicht wohlgefällig.
Synkretismus (Religionsvermischung)
Die Katholische Kirche lehrt und praktiziert jedoch in vielfältiger Weise, daß das Heidentum zu überwinden sei, indem es aufgesaugt und integriert würde. Dies zeigt sich z. B., indem heidnische Altäre nicht zerstört, sondern als Kirchenaltäre weitergenutzt werden (obwohl es ja im Christentum ohnehin keine Altäre geben kann, weil das Opfer des Christos gemäß Hebr. 7, 27 und 9, 25f sowie 10, 11f letztgültig ist und es deshalb auch nichts mehr herumzuopfern gibt). Es sind ganze Bücher verfaßt worden, um die These zu stützen, daß es einen besonderen Sieg des Evangeliums darstellen würde, wenn man den Götzendienst nicht von sich hinwegtut, so wie es das Wort verlangt (1. Kor. 10, 14), sondern »christianisiert«, ihm also eine »christliche« Bedeutung verpaßt und ihn somit »in den Dienst der guten Sache« zwingt. Diese Grundhaltung hat sich bis heute erhalten und zeigt sich zum Beispiel (aber eben nicht nur), wenn in Lateinamerika oder Afrika der Voodoo-Kult problemlos in die katholische Kirche integriert wird. Hierzu einige illustrierende Citate:
Ein Voodoo-Anhänger kann eine römisch-katholische Messe besuchen, ohne sich fremd zu fühlen; er interpretiert die Messe nur anders als die übrigen Gläubigen. (hexenwelt.de)
So stehen etwa Bilder katholischer Heiliger im Voodoo oftmals in Wirklichkeit für afrikanische Götter mit ähnlichen Eigenschaften. (Wikipedia)
Eine bekennende Anhängerin des Wicca-Hexenkultes schreibt in einem Forum:
Ja, ich feier Beltane und feier damit gleichzeitig das Leben, das unsere Welt am laufen hält! Denn der große Ritus (die Vereinigung von Gott und Göttin) schafft neues Leben, der den Kreislauf neu anstößt. Und ist das nicht wert, gefeiert zu werden? Ich feier im übrigen auch Yule … die Geburt des gehörnten Gottes, was ja auch der Ursprung des christlichen Weihnachtsfestes ist …
Natürlich hat dieses Citat für sich genommen keinerlei Beweiskraft, es ist nur ein zusätzliches Indiz für den synkretistischen Charakter dieses Festes, und man könnte Seite um Seite füllen mit Verweisen auf die mannigfaltigen Wurzeln der verschiedensten Weihnachtsbräuche. Synkretismus ist jedoch geistliche Hurerei. Jeremijah geht mit Israel ins Gericht, weil sie einerseits Jahweh als Vater und Freund bezeichnen, andererseits vom Götzendienst nicht lassen wollen (Jer. 3, 1ff). Jahweh wirft dem Volk vor, »auf jeden hohen Berg und unter jeden grünen Baum zu gehen und daselbst Hurerei zu treiben«, also sich aus seiner Hauptschaft unter die Hauptschaft fremder Mächte zu begeben. Es fällt dem Bibelleser schwer, hier nicht sofort an die Versammlungen unter den grünen Bäumen zu denken, die das Weihnachtsfest prägen. Schon wer einen Baum einschlägt, ohne sein Holz zu rationalen Zwecken — also zum bauen oder heizen — zu verwenden, sondern zu kultischen Zwecken, begeht eine Opferhandlung nach dem Muster Kains. Wer ihn dann auch noch schmückt, muß schon gewaltige Verdrängungsenergien mobilisieren, um der Parallele zu Jer. 3, 6 und 10, 3f nicht gewahr zu werden. So ist es auch kein Zufall, sondern ein handfestes Indiz, daß der Weihnachtsbaum im wohl populärsten deutschen Weihnachtslied, »O Tannenbaum«, direkt angesprochen, personifiziert, ja in der Diktion eines Anbetungsliedes geradezu verehrt wird. Die Personifizierung und Verehrung eines geschmückten Gegenstandes ist nun aber die reine, klare Urform des Götzendienstes schlechthin, wie sie uns in der Bibel immer wieder warnend vor Augen geführt wird, so daß es völlig unbegreiflich ist, wie einigen trotzdem der mentale Klimmzug gelingt, dem Weihnachtsbaum eine »christliche« Seite abzugewinnen, ja ihn in lästerlicher Weise gar noch als »Christbaum« zu verklären.
Gebanntes
Es ist mit dem Osterfest nicht grundsätzlich anders. Hier ist es hauptsächlich der Fruchtbarkeitskult der Aschera, der umgedeutet wurde. Es stellt sich also die Frage, ob das Verwerten heidnischen »Rohmaterials« zu »christlichen« Zwecken bei biblischer Beurteilung legitim ist. Lesen wir hierzu Haggai 2, 10 — 14:
Am Vierundzwanzigsten des neunten Monats, im zweiten Jahre des Darius, geschah das Wort Jahwes zu dem Propheten Haggai also: So spricht Jahweh der Heerscharen: Frage doch die Priester über das Gesetz und sprich: Siehe, trägt jemand heiliges Fleisch im Zipfel seines Kleides, und er berührt mit seinem Zipfel Brot oder Gekochtes oder Wein oder Öl oder irgend eine Speise, wird es heilig werden? Und die Priester antworteten und sprachen: Nein. Und Haggai sprach: Wenn ein wegen einer Leiche Verunreinigter alles dieses anrührt, wird es unrein werden? Und die Priester antworteten und sprachen: Es wird unrein werden. Da antwortete Haggai und sprach: Also ist dieses Volk und also diese Nation vor mir, spricht Jahweh, und also ist alles Tun ihrer Hände; und was sie daselbst darbringen, ist unrein.
Offensichtlich wird also bei einer Vermischung nicht das Unreine rein, sondern das Reine unrein, eine Tatsache, die ja auch aus den neutestamentlichen Aussagen zum Sauerteig bekannt sein dürfte. Alles, was den Götzen zugeordnet ist, ist auch aus neutestamentlicher Sicht als Gebanntes zu betrachten, und hier gilt die strikte Anweisung aus Josua 6, 18, die klarstellt, daß man einfach die Finger davon zu lassen hat. Der Bann ist daran zu vollstrecken, aber nichts davon darf irgendeiner Nutzung zugeführt werden.
Dies ist auch von den ersten Christen nicht anders beurteilt worden: Die Zauberbücher, die sich noch bei denjenigen Ephesern fanden, die sich dem Christos zugewandt hatten, stellten mit fünfzigtausend Silberstücken einen gewaltigen Sachwert dar. Trotzdem hat niemand ernsthaft erwogen, sie zu verkaufen und das Geld für einen guten Zweck zu verwenden, sie wurden vielmehr mit großer Selbstverständlichkeit verbrannt. Die Geschichte aus der Zeit Shauls, die wir in 1. Sam. 15 finden, war ihnen Warnung genug:
Das Blöken des Kleinviehs
Shaul hatte von Jahweh durch Samuel den Auftrag bekommen, gegen Amalek zu ziehen und den Bann an den Amalekitern zu vollstrecken. Nach dem siegreichen Feldzug verschonten Shaul und das Volk jedoch sowohl den König von Amalek als auch das Beste des Viehs:
»Und Shaul und das Volk verschonten Agag und das Beste vom Klein- und Rindvieh und die Tiere vom zweiten Wurf und die Mastschafe und alles, was gut war, und sie wollten sie nicht verbannen; alles Vieh aber, das gering und schwächlich war, das verbannten sie.«
Was weiter?
»Da geschah das Wort Jahwehs zu Samuel also: Es reut mich, daß ich Shaul zum König gemacht habe; denn er hat sich hinter mir abgewandt und hat meine Worte nicht erfüllt. Und Samuel entbrannte und schrie zu Jahweh die ganze Nacht. Und am Morgen machte Samuel sich früh auf, Shaul entgegen. Und es wurde Samuel berichtet und gesagt: Shaul ist nach Karmel gekommen; und siehe, er hat sich ein Denkmal errichtet, und er hat sich gewandt und ist weiter gegangen und nach Gilgal hinabgezogen.«
Von Samuel zur Rede gestellt, stellt Shaul sich erst einmal dumm: »Gesegnet seiest du von Jahweh! Ich habe das Wort Jahwehs erfüllt.«
Auf das Blöken des Viehs hingewiesen, das sich dann aber viel ruhiger verhalten müßte, wenn es wirklich richtig tot wäre, versucht er erst einmal die Schuld auf das Volk abzuschieben, gleichzeitig auch noch eine »geistliche« Begründung für seinen Ungehorsam zu finden:
»Und Shaul sprach: Sie haben sie von den Amalekitern gebracht, weil das Volk das Beste vom Klein- und Rindvieh verschont hat, um Jahweh, deinem Gott, zu opfern; aber das Übrige haben wir verbannt.«
Er zeigt keinerlei Unrechtsbewußtsein. Samuels Antwort auf Shauls Rechtfertigungsversuch ist ein bekannter und einprägsamer, wenn auch selten berücksichtigter Lehrsatz:
»Hat Jahweh Lust an Brandopfern und Schlachtopfern, wie daran, daß man der Stimme Jahwehs gehorcht? Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder. Denn Rebellion ist Zauberei, und der Eigenwille ist Abgötterei und Götzendienst.«
Konstantin war ein Mann in der Art Shauls: Wie dieser sich von dem Gebannten nicht trennen wollte, sondern es lieber umdeutete, tat auch Konstantin das heidnische Gedankengut nicht in den Bann, sondern »recyclierte« es, wie man aus einem alten Joghurtbecher eine neue Parkbank macht. Auf diese Weise wurden heidnische Feste, Bräuche und Symbole dem Christentum untergemischt. Es entstand eine neue Mischreligion aus heidnischen und christlichen Elementen, die ihre deutlichste Darstellung im Katholizismus gefunden hat.
Pragmatismus
Es gibt viele Parallelen zwischen Shaul und Konstantin. Beide Herrscher bekannten sich nach außen hin zu Gott, blieben ihm aber bis zu ihrem Ende fremd. In ihrem Tun waren sie willfährige Werkzeuge der Finsternis. Beide waren Pragmatiker und wußten genau, welche Register sie zu ziehen hatten, um das Volk hinter sich zu bringen. Wenn ihnen etwas nützlich und zweckmäßig erschien, war das Grund genug, es zu tun. Grundsätzliche, »dogmatische« Bedenken waren ihnen fremd. Nicht im Traum wäre es ihnen eingefallen, sich dem Volkszorn auszusetzen, um den Willen Gottes zu tun. Beide belogen sich selbst und dachten, auch Gott täuschen zu können: Shaul stellt seinen Ungehorsam als frommes Werk hin — natürlich habe er das Vieh nicht aus Gier verschont, sondern um es Jahweh zu opfern. Und natürlich hat auch Konstantin fromme Begründungen dafür gefunden, daß er das heidnische Gedankengut nicht ausgerottet, sondern umgewidmet hat. Diese Begründungen kann man noch heute von seinen Jüngern hören. Sie alle tun in ihren eigenen Augen nichts schlechtes, und solange kein Feuer vom Himmel fällt, verfallen sie am Ende der Illusion, daß selbst Gott es nicht mehr so genau nimmt und ihnen gleichgeworden sei (Ps. 50, 21).
Das konstantinische Kalkül war: Wenn wir eine einflußreiche Staatskirche etablieren wollen, dürfen wir nicht Umkehr und Sturz der Götzen predigen, weil wir dann die Massen des Volkes gegen uns aufbringen. Wenn sie freilich ihre alten Feste in neuem Gewand weiterfeiern dürfen, wird sich kaum jemand über solchen »Bedeutungswandel« beschweren.
Es wird von den Pragmatikern auch immer wieder darauf verwiesen, daß das Mittun zu Weihnachten ja eine großartige Missionsgelegenheit wäre. Dabei wird übersehen, daß aus Fleisch nur Fleisch kommen kann, nicht aber dauerhafte geistliche Frucht (Gal. 6, 8). Frucht wächst nicht aus »guten Gelegenheiten« und Aktionismus, sondern aus dem Bleiben in Jesus. »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, dieser bringt viel Frucht, denn außer mir könnt ihr nichts tun« (Joh. 15, 5). Wer aber ein Fest feiert, das Jesus selbst nicht feiert, der bleibt (in dieser Sache) eben gerade nicht in ihm.
Samuel macht eine andere Rechnung auf: Euer Pragmatismus ist Ungehorsam. Und Ungehorsam ist Zauberei und Götzendienst.
Was hat all dies nun mit uns zu tun?
Die luthersche Reformation hat freilich nur einen geringen Teil der konstantinischen Untermischungen wieder aus dem Christentum entfernt oder abgeschwächt. Andere aber blieben — teils mangels Erkenntnis, teils aber auch nachweislich wider besseres Wissen aus rein pragmatischen Gründen — erhalten. Ein großer Teil protestantischer Theologie und Praxis ist nach wie vor tief im Katholizismus verwurzelt. Auch die Freikirchen, welche die Reformation hier und da ein wenig weitergeführt haben und wiederum einige Teile des nunmehr protestantischen Götzendienstes aus ihrem Leben entfernten, halten in der Mehrzahl noch heute an vielen anderen konstantinischen Relikten fest. So fragt Gott heute jeden von uns: Bist Du bereit, das Kleinvieh Amaleks zu bannen, oder bist Du auch so ein Oberschlauer wie Shaul, der meint, er könnte das Gebannte des Feindes in ein wohlgefälliges Opfer für mich umwandeln?
»Christliche« Weihnachtsapologetik: »Ein Fest für Jahweh«
Häufig wird angeführt, man müsse sich nur auf die »richtige« Bedeutung von Weihnachten oder Ostern besinnen, und dabei wird unterstellt, die »richtige« sei die nachträglich vorgetäuschte »christliche«, die der Katholizismus erfunden hat. Ein grundsätzlicher Denkfehler besteht darin, zu glauben, wir könnten solche Dinge nach Gutdünken festlegen und einrichten. Die Herausgerufene[G] gehört aber nicht uns, den Gliedern, sondern Christos, dem Haupt. Wer entscheidet, wohin sich der Leib bewegt? Es ist das Haupt, nicht die Glieder. Was also die »richtige« Bedeutung von Weihnachten oder Ostern ist, legt allein der Christos fest. Zur Erinnerung an den Tod und die Auferstehung ist uns nicht das Osterfest gegeben. Wir verkündigen den Tod des Herrn mit dem Abendmahl. Wir verkündigen unsere Gleichgestaltung mit dem Tod und der Auferstehung des Herrn mit der Taufe. Das ist der Weg, der im Wort Gottes vorgezeichnet ist. Wer meint, daß die Herausgerufene[G] darüber hinaus irgendwelche Symbolik und Erinnerungen braucht, der »denkt über das hinaus, was geschrieben steht« (1. Kor. 4, 6). In der Konsequenz bringt er damit zum Ausdruck, er wüßte es besser als Gott, weshalb im zitierten Vers ja auch steht, daß die Folge solchen Denkens ist, daß man aufgeblasen wird.
Es ist auch schon vorgebracht worden, daß schließlich selbst Gideon am Standort eines Baals-Altars und eines Aschera-Standbildes Jahweh ein Opfer gebracht habe. Wenn wir aber diesen Text (Richter 6, 25ff) im Zusammenhang betrachten, ergibt sich ein ganz anderer Schwerpunkt: Sein Opfer beinhaltete nämlich die völlige Zerstörung dieses Altars. Das Holz der Aschera hat Gideon als Brennholz für sein Opfer benutzt und damit vollständig beseitigt. Für den neuen Altar, den er dort für Jahweh baute, mußte er dann neues Baumaterial bereitstellen.
Wer trotzdem noch von »Weihnachten für Jesus« reden will, sollte sich die Lektion von 2. Mose 32, 4ff etwas näher ansehen. Wir lesen hier von Aaron:
Und er nahm [das Gold] aus ihrer Hand und bildete es mit einem Meißel und machte ein gegossenes Kalb daraus. Und sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat. Und als Aaron es sah, baute er einen Altar vor ihm; und Aaron rief aus und sprach: Ein Fest dem Jahweh ist morgen! Und sie standen des folgenden Tages früh auf und opferten Brandopfer und brachten Friedensopfer; und das Volk setzte sich nieder, um zu essen und zu trinken, und sie standen auf, um sich zu belustigen. Da sprach Jahwe zu Mose: Gehe, steige hinab! Denn dein Volk, das du aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hast, hat sich verderbt. Sie sind schnell von dem Wege abgewichen, den ich ihnen geboten habe; sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und sich vor ihm niedergebeugt und haben ihm geopfert und gesagt: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat.
Diese Art von Verblendung ist schwer zu erklären: Man sieht das selbstgemachte Kalb ja direkt vor Augen und proklamiert trotzdem: »Ein Fest dem Jahweh!« Man sieht die Eier und Hasen und die anderen Astarten-Symbole, und sagt: »Wir aber feiern die Auferstehung des Christos!« Man sieht den ganzen Götzendienst des Weihnachtsfestes, den ja auch die christlichen Apologeten nicht leugnen, und sagt: »Wir aber sind im Besitze des eigentlichen Sinnes, wir feiern die Geburt Jesu!«
Wer originär heidnische Feste »für Jesus« feiert, verhält sich wie die Israeliten, die das goldene Kalb aufrichten, aber trotzdem proklamieren: »Ein Fest für Jahweh ist morgen!« Dies ist die schlimmste Art des Götzendienstes, die ultimative Lästerung, denn der lebende Gott wird hier auf den toten Götzen projiziert. Diese Lästerung hätte um ein Haar zur Vernichtung des ganzen Volkes geführt. Durch die Verschleierung, die mit dieser »aaronitischen« Art des Götzendienstes einhergeht, ist es viel schwerer, aus ihm herauszufinden als aus gewöhnlichem Atheismus und Götzendienst.
Oft wird auch auf Kol. 2, 16 verwiesen, um die kirchliche Festpraxis zu rechtfertigen. Die hier von Paulos proklamierte Freiheit, Festtage zu heiligen oder eben auch nicht, bezieht sich jedoch ausschließlich auf die kanonischen jüdischen Festtage; niemand kann ernsthaft diese Freiheit auf Götzenfeste ausdehnen und sich damit auf Paulos berufen.
Niemand kommt auf den Gedanken, Weihnachten zu feiern, weil er die Notwendigkeit dazu aus der Schrift erkennt und vom Heiligen Geist davon überführt wird, daß dies geboten sei. Weihnachten wird gefeiert, weil man sich der Tradition überläßt, die Tradition aber »macht«, wie Jesus sagt, »das Wort Gottes ungültig« (Mk. 7, 13). Daß wir kein ausdrücklickes »Weihnachtsverbot« in der Schrift finden, ist allein der Tatsache geschuldet, daß solch ein Verbot in den ersten Jahrhunderten unnötig war, weil niemand auf die Idee gekommen ist, sich solch ein synkretistisches Fest auszudenken.
Es ist mir auch völlig unklar, mit welchen Argumenten wir unsere Kinder noch vor Halloween, Carneval und dergleichen Festen schützen wollen, wenn wir in Bezug auf die geweihten Nächte oder den Fruchtbarkeitskult der Aschera (bzw. Eastre, Ostara, Astarte) so liberal sind. Gerade für Kinder ist das Abstandhalten von heidnischen Festen eine hervorragende Gelegenheit, Nonkonformismus — oder, biblisch gesprochen, Absonderung und Heiligung — einzuüben. Kinder müssen die Erfahrung machen, daß sie zwar in diese Welt hineingestellt sind, aber trotzdem nicht dazugehören. Sie müssen auch lernen, tote Religiosität vom Leben im Christos zu unterscheiden. Sie müssen sich Tag für Tag, z. B. in der Schule, gegen Gruppenzwänge behaupten. Sie müssen lernen, daß man sein Tun nicht damit rechtfertigen kann, daß »alle« das so machen oder daß es Spaß macht. Und das sind wertvolle Lektionen. Kinder haben sicherlich weniger Probleme damit, keine Weihnachtsgeschenke zu bekommen, als den Opportunismus vieler Christen einzuordnen, die »an zwei Gabelstöcken hinken« (1. Kön. 18, 21) und sich einerseits in vielen Dingen auf die Bibel berufen, andererseits nicht bereit sind, den Götzendienst wirklich zu fliehen.
Es ist uns nicht geboten, einen »christlichen« Sinn im Götzendienst zu suchen, vielmehr ist uns gesagt (5. M. 7, 5f):
Sondern so tut Ihr ihnen:
ihre Altäre brecht ihr ab,
und ihre Stelen zerbrecht ihr,
und ihre Ascherim haut ihr ab,
und ihre Skulpturen verbrennt ihr im Feuer.Denn ein heiliges Volk bist Du
dem Jahweh, deinem Elohim.
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Abb.: © Geier