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Anstatt des Christos


By Geier - Posted on 19 März 2009

19. März 2009


Knäblein, letzte Stunde ist; und so wie ihr gehört, daß der Anti-Christos kommt, so sind auch nun viele Anti-Christen geworden, welcherhalb wir wissen, daß letzte Stunde ist.
(1. Joh. 2, 18
)

 

Das griechische »anti« des biblischen Grundtextes beschreibt nicht nur ein »gegen«, es bezeichnet auch bzw. besonders ein »anstatt«. Ein Anti-Christos ist also nicht einfach ein Gegner des Christos, sondern jemand, der sich an seine Stelle setzt. Johannes belehrt uns darüber, daß neben »dem« Antichristen durchaus viele Antichristen gibt und daß ihr vermehrtes Auftreten Kennzeichen der letzten Zeit ist.

Ob die messianische Verklärung des neuen amerikanischen Präsidenten nur billige Wahlkampftaktik war oder ob hier mehr dahinter steht, wird sich zeigen; bemerkenswert ist sie allemal und Grund genug, weiterhin genau hinzusehen.

Gestern bin ich über mehrere Citate gestolpert, die den messianischen Anspruch Hitlers illustrieren. Sie sind von so frappierender Deutlichkeit, daß ich sie Euch nicht vorenthalten möchte, taugen sie doch auch als Lehrstück für künftiges.

In einer Rede an die deutsche Jugend 1935 in Nürnberg sagt Hitler z. B.: »… ihr seid Fleisch von unserem Fleisch und Blut von unserem Blut …«. Dies kann als Anlehnung an Joh. 6, 53 verstanden werden: »Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es sei denn, daß ihr das Fleisch des Sohnes des Menschen esset und sein Blut trinket, so habt ihr kein Leben in euch selbst.«
Er redet von der »Fahne, die wir einst aus dem Nichts hochgezogen haben«, was wiederum an das göttliche »Erschaffen des Sichtbaren aus dem Unsichtbaren« gem. Hebr. 11, 3 erinnert.
Weiter sagt er: »Vor uns liegt Deutschland, in uns marschiert Deutschland und hinter uns kommt Deutschland.« Dieser Satzbau ist zwar unsagbar dümmlich, was er ausdrücken soll ist aber die Verwurzelung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wie sie gem. Hebr. 13, 8 Merkmal des Christos ist (vgl. auch Offb. 1, 8).

Müßig ist es, darüber zu spekulieren, ob diese Anklänge bewußt und gewollt waren. Sicher aber ist, daß sie von den Zeitgenossen tatsächlich so verstanden wurden.

So schreibt ein Herr Jänicke aus Berlin, der ein Problem hat, weil bei ihm justament, als er sich um eine Anstellung bei der NSDAP bewirbt, eine jüdische Großmutter entdeckt wird, 1934 an Hitler: »Aber trotz allem, meinen ehrlichen Glauben an unser deutsches Vaterland, an die nationalsozialistische Idee, vor allem an Sie, großer Führer, den Glauben kann man mir nicht nehmen. … Denn das ist Gottes Werk, daß wir an den glauben, den er uns gesandt hat.«*
Hier wird nun völlig unmißverständlich Joh. 6, 29 (»Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Dies ist das Werk Gottes, daß ihr an den glaubet, den er gesandt hat.«) auf Hitler als den »Messias der Deutschen« bezogen. Geholfen wurde Jänicke trotzdem nicht, mit einer jüdischen Oma ist schließlich nicht zu spaßen.

Reichsjugendführer v. Schirach reimt einstweilen über Hitler: »Ihr seid vieltausend hinter mir, und ihr seid ich und ich bin ihr.«* Unübersehbar ist der Bezug zum Verhältnis zwischen dem Christos und der Herausgerufenen (Gemeinde), die auch in der Gesamtheit ihrer Glieder als »der Christos« bezeichnet wird (1. Kor. 12, 12).

E. Jurima aus Wien dichtet ein »Sonett an den Führer«, in dem es heißt: »Du bist der eine, den uns Gott gesendet« und: »Du bist der Sämann auf der deutschen Erde«*. Man vergleiche mit dem Sämann aus Mt. 13 und mit 1. Joh. 4, 14: »Und wir haben gesehen und bezeugen, daß der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt.«

Nicht einmal katholische Marienanalogien fehlen, wie man in Paula Ohlands Gedicht »An Hitlers Mutter« nachlesen kann: »O Mutter, da du diesen Sohn geboren, Wurd’st du zur Königin erkoren.«.

Ganze »Psalmen« wurden für Hitler gedichtet, wie dieser von einer Frau Klose aus Wiesbaden*:
Alle Menschen jubeln Dir zu,
Du gibst Hoffnung Freud und Ruh!
O Du unser Heil!

Last und Mühe hast Du viel!
Fest im Auge doch das Ziel!
— Adolf Hitler Heil!
Hoch Hitler! Ruft die ganze Welt,
In allen Herzen bist Du der Held!
Treu zu Dir, halten wir!
Laßt sein Lob erklingen hier!
Es wird mehr gelingen,
Ruft »Hitler Hoch« im Ringen.

Man beachte die Anfangsbuchstaben der Verse in der Senkrechten. Von der unbedingten Peinlichkeit solcher Verse abgesehen, (die für mich persönlich schon ein ausreichender Grund wäre, niemals das Karriereziel »Diktator« anzustreben), wäre es eine geringe Mühe, hinter die meisten der Verse Bibelstellen zu setzen, die den pseudomessianischen Anspruch nachweisen. Ich erspare mir jetzt selbst diese geringe Mühe, da ich denke, daß die messianische Überhöhung Hitlers ausreichend klargeworden ist.

Einzigartig in der Geschichte ist dies sicherlich nicht, es lassen sich ähnliche Vergleiche sicher nicht nur bei Diktatoren, sondern auch bei einigen Unterhaltungskünstlern anstellen. Es hat seinen Grund, daß Johannes von vielen Anstatt-Christen schreibt.

Für die geistliche Beurteilung ist indessen einigermaßen unerheblich, ob Hitler diesen messianischen Nimbus bewußt selbst inszeniert oder nur hingenommen hat.

Über Herodes lesen wir in Apg. 12, 21ff: »An einem festgesetzten Tage aber hielt Herodes, nachdem er königliche Kleider angelegt und sich auf den Thron gesetzt hatte, eine öffentliche Rede an sie. Das Volk aber rief ihm zu: Eines Gottes Stimme und nicht eines Menschen! Alsbald aber schlug ihn ein Engel des Herrn, darum daß er nicht Gott die Ehre gab; und von Würmern gefressen, verschied er.«

* citiert nach: »Briefe an Hitler«, Henrik Eberle (Herausg.), Gustav Lübbe Verlag 2007

 

Nachtrag 12. 5.: Hitlers Interesse an Esoterik ist ja nicht unbekannt. Von den 16.000 Bänden seiner Privatbibliothek in Berchtesgaden sind noch ca. 1.200 Bände in der Washingtoner »Library of Congress« erhalten. Aus einer Monographie von T. W. Ryback über diese Bücher geht unter anderem hervor, daß darunter über 130 Bände occulter Literatur zu finden sind, also fast 11 Prozent des Bestandes.

 

Siehe auch Geiernotiz vom 12. 1. 11: Fernsehreportage über die esoterischen Wurzeln des nationalen Sozialismus sowie die Geiernotiz »Leis von der Partei gestreichelt« vom 2. Mai 2010

 

Eine zusammenfassende Bearbeitung der Artikel »Anstatt des Christos« und »Leis von der Partei gestreichelt« ist unter dem Titel »Anstatt des Christus« in der »factum« 3/2011 erschienen.

 

 

 

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