Sie befinden sich hierBaden gegangen
Baden gegangen
26. Februar 2011
Hatt’ich’snichtgleichgesagt? Ja. Hatte ich. Schon im September. Trotzdem: Kein Grund zur Genugtuung, daß es nun buchstäblich so gekommen ist. Dafür mußte man auch kein Prophet sein, ein bißchen Bibel- und Menschenkenntnis reicht da völlig aus.
Wovon ich rede? Im September hatten die »Freien Evangelischen Gemeinden« beschlossen, daß es klüger sei, klüger zu sein als Gott, und Frauen zu erlauben, Männer zu belehren. Damals hatte ich kommentiert:
»Einen weiteren Pflock in Hinsicht auf Beliebigkeit und Austauschbarkeit der Geschlechter haben gerade die »Freien Evangelischen Gemeinden« (FEG) eingeschlagen. Just an dem Freitag der außenministeriellen Verpartnerung haben sie mit satter Mehrheit beschlossen, das Pfarramt für Frauen zu öffnen. Gemäß den oben dargelegten geistlichen Gesetzmäßigkeiten werden die FEG sich nun auch schrittweise für Homosexualität öffnen, auch wenn ihnen das vielleicht selbst noch nicht bewußt ist und sie sicher eine gewisse Schamfrist einhalten werden. Die Weichen sind gestellt.«
Und siehe da: Schon viel eher als gedacht ist es soweit. Letzte Woche vermeldete der »Apologet«, daß aus der Mietlingsriege der FEG der öffentliche Ruf nach einem »radikalen Umdenken« in Bezug auf Homosexualität erschallt. Es sind die üblichen Argumente, die vorgebracht werden: Homosexuelle hätten sich ihre Orientierung nicht selbst ausgesucht. (Wer hatte diese These noch gleich gerade letztens vorgebracht? Ah, ja, dieses Frl. Germanotta.) Also: Gott ist schuld, und wer das anders sieht, ist laut Nina Hagen ein Nazi oder gemäß FEG-Pfarrer Holdinghausen eben ein Pharisäer, der die Position Jesu verlassen habe und das Gebot über den Menschen stellt. Daß das Gebot dazu da ist, den Menschen zu schützen und daß Jesus die Pharisäer ja gerade wegen ihrer Gesetzlosigkeit gescholten hat, scheint Holdinghausen während seiner theologischen Studien nicht aufgegangen zu sein.
Darf es eine weitere Voraussage sein: Die Brüdergemeinden im BEFG, die sich ja jetzt schon nicht schämen, unter der Generalsekretärin Regina Claas in einem Joch mit den Baptisten zu laufen und auf örtlicher Basis auch mit den FEGen kollaborieren, werden wohl die nächsten sein. Die theologischen Grundlagen dafür sind schon gelegt. Damit planschen die »Evangelikalen« in Deutschland fröhlich im Strom des Zeitgeistes, oder anders gesagt: Sie sind schon darin baden gegangen.
Nachtrag 1. 3. 11: Der Staub, den die Äußerungen von FEG-Mietling Holdinghausen aufgewirbelt zu haben scheinen, hat den FEG-Pressesprecher zu einer Erklärung veranlaßt, in der er darauf verweist, daß die offizielle Stellungnahme der FEG von 2004, »Homosexualität im Spannungsfeld von Gesellschaft und Gemeinde«, weiterhin gültig sei. In dieser Stellungnahme wird freilich die Quadratur des Kreises versucht: Weder will man sich mit dem Zeitgeist übermäßig anlegen noch die »bibeltreuen« verprellen. Jeder findet dort Textmodule, die seiner Position entgegenkommen. So dürfen praktizierende Homosexuelle zwar nicht mitarbeiten, wenn aber jemand »homosexuell empfindet, so ist er nicht auszugrenzen oder auszuschließen, sondern er soll sich wie alle anderen Gemeindeglieder mit seinen Gaben in das Leben der Gemeinde einbringen«. Weiter heißt es: »Angesichts der leidvollen Geschichte ist es zu begrüßen, dass der Staat sich heute gegen die Diskriminierung oder Kriminalisierung homosexuell orientierter Menschen wendet. Auch die christlichen Kirchen haben in der Geschichte Schuld auf sich geladen. Sie müssen sich darauf besinnen, dass es Aufgabe der Gemeinde ist, das Evangelium von der befreienden Gnade Gottes allen Menschen durch Wort und Tat zu bezeugen. Es widerspricht diesem Auftrag, wenn Gemeinden homophil empfindenden Menschen den Eindruck vermitteln, sie seien erst dann in ihrer Mitte willkommen, wenn sie ihre Neigung verändert haben.«
Aber auch in Bezug auf praktizierende Homosexuelle wird keine Trennung anempfohlen, sondern seelsorgerliche Gepräche. Solche werden aber nur in wenigen Fällen zu einer sofortigen Umkehr führen. Was ist also mit denen, die aufgrund ihrer ausgelebten Homosexualität nicht mitarbeiten sollen, aber auch nicht hinausgewiesen werden? Stellt man sich für diese eine Art Passivmitgliedschaft vor? Eine solche hätte freilich den Schönheitsfehler, daß in der Bibel nichts vergleichbares zu finden ist, ja auch gar nicht zu finden sein kann, da dies der biblischen Systematik, die von Gliedern am Leib des Christos spricht, zutiefst fremd ist: Ein Glied wird ja gerade dadurch definiert, daß es einer Aufgabe nachkommt, nicht dadurch, daß es anwesend ist.
So zieht eine Verfehlung die andere nach sich: Der Unwille, sich klar und eindeutig zu positionieren, führt mittelbar zu einer Aufweichung des gesamten biblischen Gemeindeverständnisses (sofern es ein solches in einer Denomination überhaupt geben kann).
Photo: © Geier