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Hauptsache Spaß!


By Geier - Posted on 28 Februar 2009


28. Februar 2009

 
Bis wann, ihr Einfältigen, wollt ihr Einfalt lieben, und werden Spötter ihre Lust haben an Spott, und Toren Erkenntnis hassen? (Spr. 1, 22)

 

Man muß sich so einen Geier und seine Lebensweise ja nur einmal ansehen, um sofort zu merken, daß man es bei diesem Viech mit einer handfesten Spaßbremse zu tun hat. Damit einem das klar wird, müßte sich der Geier nicht einmal zum Carneval äußern … er tut es aber trotzdem.

Und natürlich paßt es ihm nicht, daß solch rheinisch-katholischer Un-Sinn sich mittlerweile im ganzen Bundesgebiet — selbst im protestantischen oder doch wenigstens areligiösen Sachsen — metastasenartig ausbreitet und ein paar Verrückte selbst hier bei stetem Nieselregen und in Klamotten, in denen ich meine Kinder nicht einmal zum Sportunterricht, geschweige denn vor die Tür lassen würde, mit Tröten bewaffnet die Straße occupieren und den Verkehr aufhalten. … Ach nein, der Verkehr wird vom carnevalistischen Geschehen ja gerade nicht behindert, sondern eher befördert, wenn auch nicht gerade der Straßenverkehr, so doch zumindest der außereheliche. Denn schließlich gehört auch ein Fruchtbarkeitskult zu den Wurzeln des Carnevals.

Ja, die Wurzeln: Wer hat uns das ganze eigentlich eingebrockt?
Der Ursprung des Carnevals ist vielschichtig; eine große Zahl alter Kulte ist in die heutigen Gepflogenheiten eingeflossen. So findet sich in Babylon ein fünftägiges Fest, bei dem einem Taugenichts für diese Tage die Herrschergewalt übertragen wurde. Anschließend wurde er hingerichtet als Opfer für die Sünden des Volkes im vergangenen Jahr — ein Menschenopfer also. Die Römer haben diesen Brauch fortgeführt, indem sie anläßlich der Saturnalien einen Scheinkönig bestimmten, der anschließend dem Saturn geopfert wurde. Diese Traditionen leben fort in »Narrenregierungen« oder im Faschingsprinzen, dem noch heute in vielen Städten symbolisch mit dem Rathausschlüssel die Herrschaft übergeben wird, auch wenn dieser Narr heute nicht mehr geopfert wird. Geschichtslektion am Rande: Ein römischer Legionär mit Namen Dasius, der Christ geworden war, weigerte sich, die Rolle des Saturnalienkönigs zu spielen und wurde deswegen im Jahr 303 enthauptet. Bis heute wird er deswegen in der Katholischen Kirche als Heiliger und Märtyrer verehrt, also ausgerechnet von der Kirche, die das Brauchtum, dem er zum Opfer gefallen ist, weiterhin intensiv pflegt. Im vierten Jahrhundert hat der Katholizismus diese Festlichkeiten freilich noch abgelehnt, um sie dann aber schließlich auf der Synode von Benevento im Jahr 1091 ins Kirchenjahr zu integrieren. Auch die (Un)sitte, sich zu verkleiden, finden wir bereits in den römischen Saturnalien.

Verkleidung — das Spiel mit den Identitäten
Der tiefere Sinn der Verkleidung ist die Vorstellung, als »ein anderer« für das eigene Tun nicht wirklich verantwortlich zu sein — man ist das ja schließlich gar nicht selbst. Damit mag man seine Mitmenschen täuschen können, nicht aber Gott, der nicht nur hinter die Masken, sondern ins Herz sieht. Die Verkleidung ist unverzichtbarer Deckmantel der Zügellosigkeit, die allen Carnevalsbräuchen und ihren historischen Vorläufern gemeinsam ist. Das innere Wesen des Carnevals ist die zeitweilige Außerkraftsetzung aller Normen und Grenzen, die Stand, Sitte, Moral und natürliches Schamgefühl dem Menschen — selbst dem ungeistlichen — gewöhnlich auferlegen. Hierzu bedarf es der Verkleidung, weil sie die Illusion gewährt, nicht selbst der Handelnde zu sein und hernach mit dem Ablegen des Kostüms ungestraft in das vorherige Leben zurückkehren zu können. Diese Illusion ist selbstverständlich meilenweit von der geistlichen Realität entfernt.
Aber auch außerhalb des Carnevals gibt es die Verlockung, sich eine zweite (oder dritte, vierte) Identität zuzulegen. Ideal hierfür ist das Internet, das z. B. mit Plattformen wie »Second Life« und tausenden anderen Rollenspielen eine virtuelle Pseudowelt anbietet. Im Netz ist jeden Tag Carneval. Sich vor der Realität des eigenen Lebens in eine Scheinwelt zu flüchten, ist für viele Menschen verlockend, da sie mit ihrer tatsächlichen Identität nicht klarkommen. Geistlich gesehen ist das ein sehr interessantes Phänomen. Der Wechsel der Identität (weg von Adam, hin zu Christus) ist ja der Kern des Evangeliums schlechthin. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß es solche »Ersatzangebote« für einen billigen kommerziellen Identitätswechsel gibt – die virtuelle, gefälschte Erlösung.
Die ersten Christen haben weder Schauspieler noch Gladiatoren aufgenommen. Bei den Gladiatoren ist der Grund offensichtlich – wer sich seinen Lebensunterhalt damit verdient, andere in Kampfspielen umzubringen (und anfangs waren die Gladiatoren ja nicht gezwungene Sklaven, sondern Freiwillige, die sich durch hohen Lohn und Aussicht auf Ruhm locken ließen) hatte in der Gemeinde nichts zu suchen. Aber warum keine Schauspieler? Weil der Schauspieler immer wieder fremde Identitäten annimmt. Wir aber sollen nur eine Identität annehmen, und das ist die des Christus. Mit Onlinespielen und virtuellen Welten spielen nun Hunderttausende, vielleicht Millionen, mit ihren Identitäten. Bei vielen wird dies zu Wahrnehmungsverlusten im wirklichen Leben führen. Wer zu Christus kommt, muß diese Scheinidentitäten als Lügen erkennen und hinter sich zurücklassen.
Von Personen, die sich verkleidet haben, lesen wir übrigens auch in der Bibel: Von Jakob, der sich so den Segen seines Vaters erschlichen hat, von Tamar, die sich als Hure darstellte um ihren Schwiegervater zu verführen und von Saul, der sich auf diese Weise unerkannt zu einer occultistischen Séance schlich.
Die hölzernen Masken des schwäbischen Faschings hingegen dienen in erster Linie nicht dem Spiel mit den Identitäten, sondern gehen auf germanisches Heidentum zurück, das durch solchen Mummenschanz böse Geister abwehren wollte.

Die Reformation hat mit dem finstern Spuk ziemlich schnell aufgeräumt, so daß der Carneval in evangelisch geprägten Ländern bis zum zweiten Weltkrieg nicht mehr vorkam. Die Entwurzelung des modernen Menschen hat freilich seitdem längst dazu geführt, daß im carnevalistischen Götzendienst Katholiken, Protestanten, Atheisten und inzwischen auch Moslems fröhlich vereint sind. Carneval, das ist die ideale Blaupause für eine ökumenische Weltreligion, hier finden sich alle zusammen — bis auf die Christen, diese Spielverderber.

 

 

Photo: © Geier

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