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Ironie der Geschichte
2. Februar 2010
Das hätte Hermann Göring gar nicht gefallen: Ausgerechnet das legendäre deutsche Messerschmitt-Flugzeug ME 109 half dem jungen jüdischen Staat, seine ersten Wochen zu überleben.
Und das kam so: Schon seit 1944 wurde die ME 109 in den Avia-Werken im besetzten Prag in Lizenz gefertigt. Nach dem Krieg baute die Tschechoslowakei die Flugzeuge einfach weiter, schon um eine eigene Luftwaffe aufbauen zu können. Als dann 1948 israelische Emissäre händeringend nach lieferbaren Jagdflugzeugen für die in den Kinderschuhen steckende israelische Luftwaffe suchten, wurden sie in Prag fündig. Schließlich wurden 25 der inzwischen modifizierten Messerschmitts unter der Bezeichnung Avia S.199 an Israel geliefert.
Nachdem am 15. Mai 1948, also unmittelbar in der Nacht nach der Unabhängigkeitserklärung Israels, die Armeen Transjordaniens, Ägyptens, Syriens, des Libanons und des Iraks angriffen, um »die Juden ins Meer zu werfen«, hatte Israel den ägyptischen Bombardements israelischer Städte anfangs nichts entgegenzusetzen. Immerhin gab es einige jüdische Piloten wie den damals gerade 24 Jahre alten späteren israelischen Präsidenten Ezer Weizman, die in den Reihen der britischen Royal Air Force während des zweiten Weltkrieges Flug- und Kampferfahrungen gesammelt hatten und nun in aller Eile auf den Messerschmitts ausgebildet wurden.
Im folgenden ergab sich eine Situation, die nicht einer gewissen Ironie entbehrt und die Dr. Thomas Speckmann in der »Zeit« in dem Artikel »Messerschmitt mit Davidstern« wie folgt beschreibt:
Acht Jahre nach der Luftschlacht um England, in der sich die Me 109 und britische Spitfires erbitterte Kämpfe geliefert hatten, standen sich die gleichen Waffensysteme erneut gegenüber. Dieses Mal waren jedoch die Rollen vertauscht. Während jüdische Spitfire-Piloten im Krieg gegen die Messerschmitt gekämpft hatten, flogen sie nun deren tschechoslowakische Nachbauten und feuerten auf die gleichen Maschinen, in denen sie wenige Jahre zuvor auf alliierter Seite gesessen hatten.
Dies führte zu einer weiteren kuriosen Allianz. Neben dem Luftkampf gegen ägyptische Spitfires, Jagdbomberangriffen auf gegnerische Stellungen und Luftunterstützung der eigenen Bodentruppen kam auf die Avia-Piloten eine vierte Aufgabe zu: Sie eskortierten Israels neue Bomber, amerikanische Boeing B-17, die am 15. Juli eingetroffen waren. Auch hier waren die Fronten nun vertauscht. Während in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs diese sogenannten »Fliegenden Festungen« ihre Bombenteppiche auf Deutschland abgeworfen und dabei große Verluste nicht zuletzt durch die Messerschmitt-Jäger erlitten hatten, schützten diese nun im Avia-Kleid die amerikanischen Bomber vor den ägyptischen Abfangjägern britischer Produktion.
Der Historiker Speckmannn geht so weit, zu sagen, daß die Messerschmitts mit ihren jungen Piloten letztlich die Wende in diesem ungleichen Krieg erzwangen und somit die Vernichtung Israels abwendeten.
Photo: cc Wikipedia / Bukvoed; Collage Geier