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Kolumne mit Paukenschlag


By Geier - Posted on 02 März 2013

2. März 2013

 

Kennen Sie die »Symphonie mit dem Paukenschlag«? Hartnäckig hält sich die Legende, Haydn hätte die Komposition bewußt so angelegt, daß die Zuhörer, die im ersten Satz eingeschlafen sind, im zweiten von einem unerwarteten Fortissimo des Orchesters unsanft wieder aufgeweckt würden. Er selbst hat diese Absicht freilich bestritten. Wenn man aber will, kann man einen vergleichbaren Effekt auch ganz ohne Orchester erreichen, zum Beispiel, indem man ihn in einen Text hineinbastelt. Aber ich will der Reihe nach erzählen:

Um die Bibel gründlich mißzuverstehen mag so ein Papst — wie letzte Woche gerade bemerkt — mitunter ganz hilfreich sein, notwendig ist er dazu durchaus nicht. Daß man dazu noch nicht einmal katholisch sein muß, beweist die Evangelische Kirche mit großer Treu und Zuverlässigkeit. Ganz vorn dabei: »chrismon«. Immer wenn dieses feministische Kampfblatt, nur flüchtig als »evangelisches Magazin« getarnt, der Tageszeitung beiliegt, muß man eine Entscheidung treffen: Will man sich heute noch aufregen oder schafft man das Blatt gleich ins Altpapier? Ich habe mich heuer mal für die Option »aufregen« entschieden und bin natürlich nicht enttäuscht worden: Margot Käßmann, die Herausgeberin höchstselbst, beglückt die Menschheit mit einem Editorial zum »Weltfrauentag« am 8. März, der im Bewußtsein derjenigen, die in der DDR großgeworden sind, sicher noch einigermaßen gegenwärtig sein wird. Sollte jemand ernsthaft erwartet haben, daß sie nach ihrem Rücktritt als hannöversche Bischöfin etwas leiser auftreten würde, sei er eines besseren belehrt. Da klagt Frau Käßmann nun, daß es in Deutschland noch immer nicht flächendeckend möglich ist, alle Kinder möglichst frühzeitig nach ihrer Geburt in Erziehungskombinate abzuschieben, damit ihre Mütter sich neben Bruttosozialprodukt und Selbstverwirklichung dem Erwirtschaften von Steuern hingeben können, mit denen dann noch mehr Kinderverwahranstalten finanziert werden können. Beim pränatalen Kindsmord, den sie mit dem Euphemismus »reproduktive Gesundheit« umschreibt, sieht sie noch ferne Weltgegenden mit Nachholbedarf, ebenso beim Frauenwahlrecht*.

Aber all das ist nur rhetorischer Anlauf, um schließlich auf den Kern ihres Herzensanliegens zu kommen, das schon in der Überschrift des Editorials klar bezeichnet ist: »Das Ende der Hierarchie«. Der Leser, gerade sanft am wegdösen, nachdem er sich über anderthalb Textspalten mit Beispielen aus aller Welt darüber belehren lassen hat, daß Frauen Opfer und Männer Täter sind, wird rüde aufgeweckt, indem ihm Frau Käßmann plötzlich und unvermittelt den Satz vor die Füße scheppern läßt:

Wer die Bibel liest, weiß, daß es keine Hierarchien geben kann.

So, aus dem Halbschlaf gerissen, reibt sich der Leser die Augen und wundert sich zunächst darüber, daß sich Frau Käßmann erst jetzt auf solch umfassende Hierarchiefeindschaft besinnt, nachdem sie ja zunächst auf dem Treppchen lutherischer Hierarchie ganz weit nach oben gekraxelt, dann jedoch auch wieder ein paar Hierarchiestufen heruntergepurzelt war. Aber selbst wenn man diesen autobiographischen Bezug ausblendet, steckt ihr Satz voller Heuchelei: Denn entweder hat da jemand nicht den blassesten Schimmer von der Bibel, will aber mit der Formulierung »Wer die Bibel liest, weiß, daß …« den wahrheitswidrigen Eindruck erwecken, dies wäre so, oder aber da kennt jemand die Bibel tatsächlich und behauptet ganz bewußt das Gegenteil von dem, was dort zu lesen ist. Ihre Begründung, daß es keine Hierarchie geben könne, weil Gott den Menschen zu seinem Bilde geschaffen hat, ist absurd, denn gerade mit Hinweis auf diese Schöpfungsrealität begründet Paulos (dessen Äußerungen Frau Käßmann aber ohnehin für inakzeptabel hält) ja die hierarchische Notwendigkeit (1. Kor. 11, 3), wobei er ausführt, daß Gott mit dem Vater als Haupt des Sohnes in sich selbst hierarchisch ist — weshalb Gott auch kein Problem damit hat, sich selbst als Despoten im besten Sinne des Wortes zu bezeichnen. Daß Käßmann sich natürlich auch den grob mißbräuchlichen Hinweis auf Gal. 3, 28 nicht verkneifen konnte, versteht sich von selbst (ich hatte den Vers hier als einen der meistmißbrauchten Verse der Schrift beschrieben und kann dieser Tatsache nun einen weiteren traurigen Beleg hinzufügen).

»Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« — dies ist der Schlachtruf der jakobinischen Terroristen. Man kann dieses Leugnen jeglicher Hierarchie gar nicht genug an den Pranger stellen, denn es ist die direkte Verinnerlichung der Argumentation der Schlange (1. M. 3, 5): »Ihr werdet sein wie Gott.« Wo es keine Hierarchie gibt, ist Margot Käßmann gottgleich, ja sie wird selbst zur Göttin. 

Halten wir solcher Hybris das Wort der Wahrheit entgegen (eine kurze und willkürliche Auswahl aus einer unübersehbaren Fülle):

Denn nicht sind meine Berechnungen eure Berechnungen, und nicht sind eure Wege meine Wege — Treuewort Jahwehs — denn wie die Himmel hochgewölbt sind mehr als das Erdland, also sind hochgewölbt meine Wege mehr als eure Wege und meine Berechnungen mehr als eure Berechnungen. (Jes. 55, 8f) 

Jahwe ist Regent. (Ps. 10, 16) 

Seine Regentschaft ist Regentschaft in allen Äonen und seine Herrschaft durch alle Generationen. (Ps. 145, 13)

Herr ist Jesus Christos. (Phlp. 2, 11)

Die Bibel ist ein durch und durch hierarchisches Buch, das nur einen einzigen hierarchiefreien Raum kennt: Die Binnenverhältnisse der Herausgerufenen[G]. Die Brüder kennen verschiedene Dienste, aber keine Stufen. Durch ihre Biographie als »ordinierte Pastorin« und »Bischöfin« hat Margot Käßmann exemplarisch bezeugt, daß ihre hierarchisch organisierte Kirche kein legitimer Bestandteil der Herausgerufenen ist, sondern eine weltliche Organisation. Das Werk des Diabolos, des Durcheinanderwerfers, besteht auch darin, dort, wo Jahweh Hierarchie angeordnet hat, diese zu verleugnen, dort aber, wo Jahweh Verhältnisse hierarchiefrei geordnet hat, eine Machtpyramide zu installieren. Frau Käßmann hilft auf beiden Baustellen mit.

 

 

 

 

 

*Hier hatte ich nachgewiesen, daß das Frauenwahlrecht das Weib von der Angehörigen eines oikos zu einer Angehörigen der polis degradiert — und damit zu einer »öffentlichen Frau« macht, welche ihre Schöpfungsberufung verfehlen muß.

 

 

 

Rückblick 1. Lesertreffen

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