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Die Hand an der Wiege: Käßmann befürwortet wiederholt weitere Vergesellschaftung der Erziehung
7. November 2009
Bereits am Mittwoch hat die neue EKD-Ratsvorsitzende Käßmann in Leipzig verlauten lassen, daß sie sich einen Ausbau der Ganztagsschulen zu einem flächendeckenden Netz wünscht. Einer Idea-Meldung zufolge bemerkte sie, daß die Gesellschaft zu lange festgehalten habe an der Vorstellung »einer Mutter, die zu Hause eine warme Mahlzeit vorbereitet hat und den Kindern anschließend bei den Hausaufgaben hilft«.
Offensichtlich scheint für die geschiedene Kirchenfunktionärin, die immerhin Mutter vierer erwachsener Töchter ist, das Bild einer Mutter, die sich um ihre Kinder kümmert, so unangenehm zu sein, daß dieses keinesfalls als Vor-Bild in ihre Gesellschaftsvision paßt. Sie monierte, daß viele Kinder ohnehin mittags keine warme Mahlzeit bekämen. Freilich geht es bei der Frage nach Familien- oder Fremdbetreuung nicht vordergründig um Mahlzeiten, sondern darum, wer das Recht hat, die künftige Generation zu erziehen. Durch Unterernährung fallen deutsche Kinder derzeit gerade nicht auf. Nachdem der Staat in Deutschland seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts auf einer rigiden Schulpflicht besteht, wie es sie sonst fast nirgends auf der Welt gibt, und Heimschuleltern konsequent kriminalisiert, greift er nun auch noch nach den Nachmittagen der Kinder. Eltern wären dann mehr oder weniger nur noch dafür zuständig, den Kindern einen Schlafplatz zur Verfügung zu stellen und dürfen sich großzügigerweise an den Wochenenden mit ihren Kindern treffen, wenn dem nicht gerade Klassenfahrten oder Schullandheimaufenthalte im Wege stehen.
Damit nicht genug, hat Frau Käßmann gemäß einer Nachricht des Familiennetzwerkes in einem Zeitungsinterview vom Donnerstag das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld — das Familien zugute käme, die ihre Vorschulkinder zu Hause erziehen — angegriffen. So sagte sie: »Ich befürchte, daß manche Kinder, denen eine Förderung in der Kinderkrippe gut täte, hier ausgegrenzt werden, weil ihre Eltern sich für das Betreuungsgeld und gegen die Betreuungseinrichtung entscheiden.« Nicht nur, daß Frau Käßmann Kleinstkinder im Krippenalter, die das Glück haben, von ihren Eltern betreut zu werden, als »ausgegrenzt« bezeichnet, sie unterstellt auch, daß Eltern, die sich gegen die Krippe entscheiden, damit nicht etwa eine Entscheidung für ihr Kind treffen, sondern nur eine Entscheidung für das Betreuungsgeld. Wenn Frau Käßmann ferner bedauert, daß die westlichen Bundesländer bei den frühkindlichen Betreuungsangeboten im Vergleich zum Osten noch zurückstehen, könnte man das durchaus als nachträgliche Rechtfertigung für das Krippensystem der DDR lesen, das nun endlich gesamtdeutsch ausgeweitet werden soll. Die Stichworte, mit denen die frühe Herauslösung der Kinder aus der Familie begründet wird, heißen »frühkindliche Förderung« oder »Bildungszugang für Kinder im Vorschulalter«. Unterschlagen wird dabei die Tatsache, daß frühkindliche Förderung und Bildung durch die intensive Zuwendung innerhalb der Familie viel besser möglich ist als in staatlichen Einrichtungen, wo naturgemäß die Betreuer ihre Aufmerksamkeit auf viel mehr Kinder aufteilen müssen. Auch sind im Regelfall Eltern natürlich viel motivierter und haben ein größeres Interesse an der Förderung des eigenen Kindes als unterbezahlte städtische Angestellte gegenüber fremden Kindern. Die desinteressierten oder unfähigen Eltern, die es zweifellos auch gibt, müssen nun als Begründung herhalten für die Behauptung, daß Kindererziehung überhaupt besser in professionelle Hände gelegt werden solle. Eltern werden damit zu bloßen Erzeugern und Versorgern der Kinder degradiert; deren Prägung möchte der Staat gern möglichst vollständig übernehmen. Es ist, wie Dr. Konrad Adam schreibt, daß Eltern angesehen werden »als Laien und Dilettanten, die von Erziehung keine Ahnung haben und deshalb von den Fachleuten, die in der Politik den Ton angeben, an der Hand genommen, gegebenenfalls auch entmündigt werden müssen.«
Mit Käßmanns Aussagen unterstützt nun auch die Evangelische Landeskirche die kinderfeindliche Politik von Familienministerin von der Leyen, die auf möglichst frühzeitige Fremdbetreuung setzt. Eine pseudochristliche Partei und eine pseudochristliche Kirche forçieren gemeinsam ein ursozialistisches Familienmodell.
Ich hatte ja bereits in der Geiernotiz »Kinderverstaatlichung« den sowjetischen Autoren V. Senisow citiert, bringe den Text wegen seiner erschreckenden Aktualität hier aber noch einmal an:
»… Es gilt, die Kinder von dem rohen Einfluß der Familie zu befreien. Wir müssen sie … nationalisieren. Von den ersten Lebenstagen an werden sie unter dem segensreichen Einfluß der Kindergärten und Schulen stehen … Die Mutter zu bewegen, uns, dem Sowjetstaat, das Kind zu überlassen, das soll unsere praktische Aufgabe sein.«
(aus: V. Sensinow, »Die Tragödie der verwahrlosten Kinder Rußlands«, Zürich/Leipzig 1930)
Siehe zum Thema auch die Geiernotizen »Unter Wölfen«, »Kinderverstaatlichung«, »So schön wie alle Tage Krieg«, »Flaschenpost aus dem Volksheim«, »Bundesgebärmaschinen« und »… denn sie lassen sich formen wie Wachs«.
Photos: © Geier