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Fremde Federn: »… dann schickte Allah Adolf Hitler«


By Geier - Posted on 13 April 2010

13. April 2010

 

In einem Artikel für Haaretz vom 11. 4. 10 geht Shlomo Avineri, Emeritus für politische Wissenschaften an der Hebräischen Universität Jerusalem, der Frage nach, inwiefern die arabische Neigung, sich im Nahostkonflikt als Opfer darzustellen, der historischen Wirklichkeit entspricht:

 

Die Haltung der Araber in der Shoa

Eine der zentralen Behauptungen der Palästinenser besagt, daß eine fundamentale Ungerechtigkeit darin besteht, daß sie diejenigen sind, die dem Anschein nach den Preis für die Verbrechen der Europäer in der Shoa zu zahlen haben. Selbstverständlich stimmt es, daß Nazideutschland und seine Verbündeten schuld an der Shoa sind und nicht die Palästinenser. Dennoch sieht jede Behauptung, die die Gründung des Staates Israel ausschließlich an die Shoa koppelt, von der Tatsache ab, daß der moderne Zionismus der Shoa voranging, wenngleich es klar ist, daß die Shoa die Forderung nach jüdischer Souveränität bestärkt hat.

Aber auch die arabische Behauptung, die alle Verantwortung Europa zuweist, ist nicht völlig korrekt. Das Programm des arabischen Aufstands, der 1936 gegen die britische Herrschaft ausbrach, war es, die britische Haltung zu ändern, die seit der Balfour-Erklärung das Recht der Juden auf Einwanderung ins Land Israel unterstützte. Der Aufstand zielte auch darauf ab, die jüdische Gemeinschaft zu schädigen und Juden davor abzuschrecken, ins Land einzuwandern. Die Briten schlugen den Aufstand nach bester kolonialer Tradition mit großer Brutalität  nieder, und die jüdische Gemeinschaft half ihnen und erfuhr von ihnen Hilfe.

Im Winter 1938/39 vollzog sich jedoch eine Wende innerhalb der britischen Politik, die von der Erkenntnis der Regierung Chamberlain herrührte, daß die Appeasement-Politik gegenüber Hitler gescheitert war. Großbritannien begann sich auf einen Krieg gegen die Nazis vorzubereiten und änderte in diesem Rahmen seine Nahostpolitik. Vor dem Hintergrund seines Willens, die entscheidende imperiale Verbindung nach Indien über den Suez-Kanal aufrechtzuerhalten, befürchtete Großbritannien, eine Fortsetzung der gewaltsamen Unterdrückung des arabischen Aufstands würde die Araber in der Region insgesamt dem nationalsozialistischen Deutschland und dem faschistischen Italien näher bringen. Die Folgerung daraus war, daß man die Araber an sich ziehen und sich von den Juden und dem Zionismus distanzieren müsse. Wie Kolonialminister Malcom MacDonald der zionistischen Führung erklärte, rührte die Wende nicht daher, daß die Briten von der Richtigkeit der arabischen Behauptungen überzeugt waren, sondern beruhte auf realpolitischen Erwägungen: es gebe mehr Araber als Juden; die Juden würden sowieso die gegen die Nazis kämpfenden Briten unterstützen; die Araber hingegen könnten sich mit den Nazis verbünden.

Das brutale Paradox bestand darin, daß just, als man sich zum Abrücken von der Appeasement-Politik gegenüber Hitler entschied, das Appeasement gegenüber den Arabern begann.  Das war der Grund für die Politik des »Weißbuchs« von 1939 — die drastische Einschränkung des Rechts der Juden, im Großteil des Landes Israels Boden zu erwerben, und die endgültige Festlegung einer Obergrenze für die jüdische Einwanderung (75 000).

Diese Politik erreichte ihr Ziel nicht völlig: Der Mufti von Jerusalem, Haj Amin al-Husseini, fand seinen Weg nach Berlin; im Irak brach ein antibritischer und pronazistischer Aufstand unter der Führung von Rashid Ali al-Kaylani aus. Dennoch setzten die Briten die Weißbuch-Politik weiter beharrlich um: Die Zugänge ins Land wurden geschlossen, die britische Marine kämpfte gegen die illegale Einwanderung, und Schiffe, die Juden vor der Nazi-Besetzung retten wollten (wie die Struma u. a.), wurden an ihren Herkunftsort zurückgeführt; ihre Passagiere fanden den Tod, die einen am Meeresgrund, die anderen in den Krematorien.

Die Schuldigen an der Shoa sind Nazideutschland und seine Verbündeten. Aber der Grund dafür, daß eine unbekannte Zahl von Juden, vielleicht Hunderttausende — und unter ihnen auch mein Großvater und meine Großmutter aus Makow Podhalanski in Polen — nicht gerettet wurden und das Land Israel nicht erreichten, hängt mit der Haltung der Araber zusammen, denen es gelang, in der schwersten Stunde des jüdischen Volkes die Tore zum Land zu versperren. Wer die Aussöhnung zwischen uns und den Palästinensern fördern will, muß darauf bestehen, daß beide Seiten aufmerksam gegenüber dem Leiden des anderen sind, und das gilt für die Palästinenser genauso wie für uns.

Die im Newsletter veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder.

 

Die deutsche Übersetzung entstammt dem Newsletter der Botschaft des Staates Israel in Deutschland, die freundlicherweise der Veröffentlichung hier zugestimmt hat. Den Newsletter kann man hier bestellen.

 

Über den in Avineris Artikel erwähnten Großmufti von Jerusalem schreibt die Wikipedia:

Al-Husseini floh im Frühjahr 1941 infolge des gescheiterten deutschfreundlichen Putsches im Irak unter Führung von Ministerpräsident Raschid Ali al-Gailani als Frau verkleidet nach Deutschland, wo er in Oybin als persönlicher Gast Adolf Hitlers residierte. In Europa knüpfte er enge Kontakte zu bosnischen und albanischen Moslemführern. Er traf Joachim von Ribbentrop und wurde offiziell von Hitler am 28. November 1941 in Berlin empfangen. Nazi-Deutschland richtete dem »Großmufti von Jerusalem« ein Büro in Berlin ein, in dem ihm großzügige Geldmittel sowie ein umfangreicher Mitarbeiterstab zur Verfügung standen. Hier organisierte er Radiopropaganda für Deutschland, Spionage und Zersetzung in den islamischen Regionen Europas und des Nahen Ostens. Unter anderem trat er in der Berliner Moschee auf, z.B. anläßlich des Festes des Fastenbrechens im Jahr 1942. Nach dem Sieg der Alliierten in der Zweiten Schlacht von El-Alamein rief er zum Dschihad gegen die Juden: »Ich erkläre einen heiligen Krieg, meine Brüder im Islam! Tötet die Juden! Tötet sie alle!«
Dieter Wisliceny, der Stellvertreter Adolf Eichmanns, äußerte bereits 1944 die Überzeugung, daß der Mufti eine bedeutende Rolle bei der Ermordung der europäischen Juden spielte. Husseini habe mehreren Nazigrößen, unter ihnen Hitler, Ribbentrop und Himmler, ihre Ausrottung empfohlen. Als einer der besten Freunde Eichmanns soll der Mufti, nach Wisliceny, der dieses auch in den Nürnberger Prozessen wiederholte, sogar das KZ Auschwitz-Birkenau besucht und die dortigen Gaskammern besichtigt haben. Für Husseini habe die »Endlösung« die Lösung der Probleme in Palästina dargestellt.
Husseini war offenbar genau über die Geschehnisse in Polen informiert. In einer Radiosendung aus Berlin am 21. September 1944 sagte er: »Ist es nicht in eurer Macht, oh Araber, die Juden abzuwehren, die nicht mehr als elf Millionen zählen?« Es war zu dieser Zeit allgemein bekannt, daß es vor 1939 etwa 17 Millionen Juden in der Welt gab.
1943 verhinderte al-Husseini die Freilassung von 5.000 jüdischen Kindern, die auf Initiative des Roten Kreuzes gegen 20.000 gefangene Deutsche ausgetauscht werden sollten. Durch seine persönliche Intervention bei Heinrich Himmler erreichte er, daß die Kinder stattdessen in deutsche Konzentrationslager deportiert und ermordet wurden. Der Mufti drängte immer wieder auf den strikten Vollzug des Völkermordes an den Juden, unter anderem, indem er Ribbentrop gegenüber die Wichtigkeit der »Lösung des Weltjudenproblems« beschwor.
Ab 1943 war al-Husseini mit der Organisation und Ausbildung von bosnisch-islamischen Wehrmachtseinheiten und Waffen-SS-Divisionen befaßt. Die größte war die 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS »Handschar« (kroatische Nr. 1) (auch »Handzar«; 21.065 Mann), die ab Februar 1944 Operationen gegen kommunistische Partisanen auf dem Balkan durchführte. Sie war für eine Reihe von Greueltaten gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich. Die 23. Waffen-Gebirgs-Division der SS »Kama« (3.793 Mann) erreichte nicht die operative Stärke einer Division und wurde nach fünf Monaten aufgelöst; ihre Angehörigen wurden auf andere Einheiten verteilt. Weitere Einheiten waren ein Moslem-SS-Selbstverteidigungsregiment im Sandschak, das sogenannte Arabische Freiheitskorps, die Arabische Brigade sowie die Legion Freies Arabien. Der Reichsführer-SS ernannte al-Husseini zum SS-Gruppenführer (Generalleutnant der Schutzstaffel).
Am 28. Juni 1944 versuchte das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, das unter der Führung des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg stand, weitere Staaten für sich und einen internationalen Kampf gegen Juden zu gewinnen, indem es für einen geplanten »antijüdischen Kongreß« in Krakau auch eine Einladung an Mohammed Amin al-Husseini verschickte. Das Projekt wurde einen Monat später endgültig aufgegeben.

Bis heute wird Hitler in arabischen Ländern »Abu Ali« genannt, der »Erhabene Vater«.

 

Weiterer Link zum Thema:

»Dann schickte Allah Adolf Hitler« — Artikel von Benny Morris in der »Welt«

 

 »Wie Hitler sich mit den Muslim-Brüdern verbündete«

 

 

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