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Schlechte Presse für den Pontifex Maximus


By Geier - Posted on 03 Februar 2009

3. Februar 2009

Benedikt XVI., der sich normalerweise des Wohlwollens der deutschen Presse gewiß sein kann, hat auf einmal schlechte Schlagzeilen. Das kommt erstens daher, daß er die Excommunikation der Priesterbruderschaft St. Pius X. aufgehoben hat, einer tatsächlich obscuren Truppe, die im Wortsinne »päpstlicher als der Papst« ist, sozusagen eine »Sekte in der Sekte« [G]. Auf ihrer Netzseite findet man das Gebet »… so gib uns Gesundheit an Leib und Seele, damit wir mit Deinem Beistand überwinden, was wir für unsere Sünden leiden …«. Aha. Man leidet also nicht an seinen Sünden sondern man leidet selbst für seine Sünden und erlöst sich demzufolge auch selbst, so als hätte Christus nicht für unsere Sünden gelitten. Man opfert ja schließlich auch selbst (siehe Abbildung) und braucht deshalb das einmalige und unbegrenzt gültige Opfer des Christus nicht.
Nun hätte dieser ganze Vorgang außerhalb der Römischen Kirche niemanden interessiert, wäre nicht einer der wieder in den Schoß der Kirche aufgenommenen, der Bischof Williamson, ein Holocaustleugner. Nun gehen die Distanzierungsrituale los. Jeder distanziert sich von jedem und natürlich alle vom Antisemitismus — mehr oder weniger. Der deutsche Distriktobere der Bruderschaft, Pater Franz Schmidberger, schreibt:
»Als Distriktoberer der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Deutschland bin ich mit meinen Mitbrüdern erschüttert über die Aussagen von Bischof Williamson hier in diesem Land. Die Verharmlosung der Judenmorde des NS-Regimes und dessen Greueltaten sind für uns inakzeptabel. Die Verfolgung und Ermordung von zahllosen Juden im Dritten Reich berührt uns äußerst schmerzlich, verletzt sie doch zutiefst das christliche Gebot der Nächstenliebe, die keine ethnischen Unterschiede kennt. Ich möchte mich für dieses Verhalten entschuldigen und mich von jedweder Aussage dieser Art distanzieren …«
Wir haben ja oben schon die Selbsterlösungstendenzen der Bruderschaft konstatiert, wozu es paßt, daß man sich auch gleich mal selbst entschuldigt, statt um Entschuldigung demütig zu bitten. Aber mal abgesehen davon: Hier äußert sich der selbe Schmidtberger, der noch einige Wochen zuvor in einem weihnachtlichen Hirtenbrief geschrieben hat: »Die Juden unserer Tage … sind des Gottesmordes mitschuldig, solange sie sich nicht durch das Bekenntnis der Gottheit Christi und die Taufe von der Schuld ihrer Vorväter distanzieren…«

Und der Papst? Der äußert prophylaktisch seine »volle und unbestreitbare Solidarität« mit den Juden und hat von Willamsons Äußerungen nichts gewußt. Dies könnte man ihm einerseits ruhig glauben, denn der Laden ist ziemlich groß, den er da verwaltet und immerhin reklamiert der Papst ja nur Unfehlbarkeit für sich, nicht aber Allwissenheit. Andererseits bewegt dieses »Nichtwissen« Patrick Bahners zu der berechtigten Frage: »Kann es sein, daß es in der Kurie kein Internet gibt?« Denn die antisemitischen Ausfälle Williamsons sind dort nach wie vor in seinen Hirtenbriefen nachzulesen — bis hin zu warmen Empfehlungen für die antisemitische Hetzschrift »Protokolle der Weisen von Zion«.

Für den historisch denkenden Menschen hat es ohnehin einen faden Beigeschmack, wenn sich der Papst als Vertreter der Römisch-Katholischen Kirche zum Anti-Antisemitismus bekennt. Das kommt mir so vor wie die Bekenntnisse der SED-PDS-Linken zu Grundgesetz und Demokratie. Wenn die Linken von mir als Demokraten ernstgenommen werden wollten, kämen sie um eine Selbstauflösung ja auch nicht herum. Und auch die RKK schleppt neben einer breiten antisemitischen Historie noch den ganzen theologischen Antisemitismus mit sich, den Constantin und Augustinus ihr mitgegeben haben (für den die Sicht auf die Juden als ein »Volk von Gottesmördern« ja nur ein Beispiel ist), ohne je durch eine Selbstauflösung zu erkennen gegeben zu haben, daß sie mit der Vergangenheit gebrochen habe.

Als ob das nicht genug wäre, hat der Papst die Feuilletons dieser Welt auch noch dadurch herausgefordert, daß er den »ultrakonservativen« österreichischen Priester Gerhard Wagner zum neuen Weihbischof der Diözese Linz ernannt hat. Was hat nun Wagner verbrochen? Er hat Jugendliche vor den »Harry Potter«-Büchern von J. K. Rowling gewarnt, weil er darin Satanismus am Werk sieht, und er hat den Hurrikan »Katrina«, der New Orleans verwüstet hatte, als eine Art göttliche Strafe für eine unmoralische Stadt bezeichnet. Nun lassen wir mal den Casus Nummer zwei beiseite: Was Potter angeht, kann man dem Manne ja nur beipflichten. Potter ist ja tatsächlich beinahe so okkult wie die babylonischen Mysterienkulte, die die katholische Kirche gierig aufgesogen und mit dem Christentum (bzw. dem, was man katholischerseits dafür hält) vermischt hat, beinahe so okkult wie die Voodoo-Praktiken, die besonders unter lateinamerikanischen Katholiken grassieren und für die meines Wissens noch nie jemand aus der Katholischen Kirche ausgeschlossen wurde. Auch der Geier kann also nur raten: Haltet Jugendliche von Potter fern! Und vom Katholizismus.

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