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Ach, Berlin …


By Geier - Posted on 10 September 2013

10. September 2013

 

In Berlin Neukölln hat (wohl schon im Frühjahr) eine Frau ein Kind zur Welt gebracht, die als sogenannte Transsexuelle der Meinung ist, sie sei ein Mann. Tatsächlich ist sie von Amts wegen als Mann in den Registern verzeichnet, was sogar die sonst eher betuliche F.A.Z. zu der bildzeitungsreifen Überschrift »Mann bringt Kind zur Welt« veranlaßt hat. Natürlich bringen Männer keine Kinder zur Welt. Die Sensation ist keine. Das einzig männliche an der Kindsmutter ist der Wunsch, eigentlich doch lieber ein Mann zu sein. Nun ist es freilich nicht einmal dem deutschen Beamten gegeben, Männer per Verwaltungsakt in Frauen umzuwandeln oder Frauen in Männer. Aber das Bundesverfassungsgericht hat 2011 in seiner unergründlichen Weisheit beschieden, daß das Geschlecht Transsexueller auch dann in den Papieren geändert werden kann, wenn diese sich keinen Operationen zu einer sogenannten Geschlechtsumwandlung unterzogen haben, sondern nur irgendwie wünschten, sie wären jemand anderes, als sie tatsächlich sind und einen Schamanen psychologischen Gutachter finden, der ihnen das bescheinigt. Es gäbe nun, so die Zeitung, auch zeugungsfähige Männer, die mit dem Paß einer Frau herumliefen (und sicherlich auch die Damentoilette benutzen).

Da die Mutter des Kindes sich weigert, als solche zu gelten und darauf bestanden hat, als Vater beurkundet zu werden — was ihr die Berliner Behörden prompt gewährt haben — hat das Kind auf dem Papier nun keine Mutter. Welchen Geschlechts das Kind ist, ist einstweilen unklar. Die Mutter wollte erst überhaupt kein Geschlecht beurkunden lassen, was das Standesamt aber verweigerte. Sie ließ daraufhin das Kind als Jungen eintragen, da es aber in einer Hausgeburt zur Welt kam, ist behördlicherseits nicht bekannt, ob diese Beurkundung den Tatsachen entspricht. Für eine amtliche Überprüfung des Geschlechts des Kindes müßten Hinweise auf Kindswohlgefährdung vorliegen, die jedoch das zuständige Jugendamt in diesem Fall trotz eigener Zweifel an den Angaben zum Geschlecht offensichtlich nicht sehen will. Falls hier aber ein Mädchen als Junge erzogen würde, könnten, so eine Jugendamtsmitarbeiterin gegenüber einer Berliner Zeitung, später »psychosoziale Angebote« nötig werden. Während anderorts Jugendämter allein wegen Heimunterrichts Kinder mit äußerster Brutalität aus Familien herausreißen, ist die Berliner jugendamtliche Gelassenheit im Fall einer Mutter, die gar keine sein will und möglicherweise das tatsächliche Geschlecht ihres Kindes verschleiert, doch höchst erstaunlich. Ach ja: Der biologische Vater ist natürlich auch unbekannt, da das Kind mittels künstlicher Befruchtung aus einer Samenspende gebastelt wurde.

Berlin, das ist ja schließlich auch die Stadt, wo auf Beschluß des Bezirksparlaments Friedrichshain-Kreuzberg öffentliche Gebäude Unisextoiletten erhalten sollen — zusätzlich zu den getrennten Toiletten für Männer und Frauen — für diejenigen, die sich keinem dieser beiden Geschlechter zuordnen wollen. Das haben die Piraten, Fachpartei für infantile Peinlichkeiten, mit der Unterstützung von Grünen, SPD und Linken durchgesetzt. Die Grünen geben offen zu, daß der Angriff den »binären Geschlechterkategorien« gilt. Und auch Piratin Rohrbach, die auch für den Bundestag kandidiert und den Antrag ausgearbeitet hatte, sagte dazu: »Man könnte denken, es gebe wichtigere Themen, aber für die Betroffenen, die nicht in das binäre Geschlechtersystem passen, ist das sehr relevant. Jedes Mal, wenn sie in ein Gebäude gehen, wird ihnen suggeriert, daß sie eigentlich gar nicht existieren dürfen.« Prompt forderte ein Berliner lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-intersexueller Lobbyverband die Einrichtung dritter Umkleideräume für den Sportunterricht an Schulen. Werden auf Dauer drei Umkleideräume reichen? Kann man Transsexuellen zumuten, sich gemeinsam mit Intersexuellen umzukleiden?

Ein anderer Berliner, der Maler Max Liebermann, sei in diesem Zusammenhang citiert, der 1933 in Bezug auf die gesellschaftlichen Umwälzungen seiner Zeit gesagt haben soll: »Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.«

Aber Berlin ist nicht nur für die eine oder andere Überraschung gut, sondern auch immer zu einem Späßchen aufgelegt. Da es in Rußland jetzt ein Jugendschutzgesetz gibt, das homosexuelle Propaganda gegenüber Minderjährigen untersagt und die deutsche Presse dieses Gesetz unisono darstellt, als wäre es kein Jugendschutzgesetz, sondern ein Homosexuellendiskriminierungsgesetz, hat sich der Berliner Bürgermeister veranlaßt gesehen, seinem Moskauer Amtscollegen einen Brief zu schreiben. Ungeachtet der Tatsache, daß natürlich auch in Rußland Gesetze nicht von Bürgermeistern, sondern von Parlamenten gemacht werden, behelligte Wowereit Sobjanin mit Besorgnis, Mahnungen und seinen Vorstellungen von »Toleranz und Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen«, womit er aber ganz offensichtlich nicht meint, daß es nun eben Leute gibt, die lieber in den Bergen, und andere, die lieber an der See ihren Urlaub verbringen. Als sei das noch nicht peinlich genug, behauptet er in dem Schreiben, »ihn erreichten täglich(!) viele(!) besorgte, aber auch wütende Briefe von Berlinerinnen und Berlinern, die ihr Unverständnis und ihre Enttäuschung über die Regelungen äußern«. Schon klar, die Berliner. Da sitzt also so eine Berliner Familie mit Vater, Mutter und Kindern nach hartem Arbeits- und Schultag beim Abendessen um den Küchentisch, und selbstverständlich erörtert man da die verzweifelte Lage der Homosexuellen in Rußland, die zwar auch dort ihre Neigungen uneingeschränkt ausleben dürfen, denen aber eben nicht gestattet ist, durch Propaganda Kinder für ihre Lebensweise zu gewinnen. Und dann überlegt man halt: Schreibt man jetzt an Putin oder an den Bundestagsabgeordneten seines Vertrauens (Beck natürlich), an Asterix und Obelix oder den Papst … und dann sagt der Papa: Nein, wir schreiben an unseren Großen Bürgermeister, der uns so viel Gutes getan und uns noch nie in einer Not im Stich gelassen hat. So und ähnlich muß sich das jeden Tag überall in Berliner Steuerzahlerfamilien abspielen. Täglich! Vielmals! Irgendwo müssen die Berliner ja hin mit ihrer Besorgnis, Enttäuschung und Betroffenheit, die vielen, vielen Berliner, welche die Gesetzgebungsverfahren in der russischen Duma Tag für Tag live in Funk und Fernsehen gebannt und gespannt mitverfolgen, russische Zeitungen abonniert haben und so enttäuscht waren, als das Jugendschutzgesetz dann doch durchgekommen ist und die nun deswegen an ihren Bürgermeister schreiben.

Aber Wowereit wäre nicht der Partylöwe, als den ihn die Nation kennt und schätzt, wenn er an dieser Stelle nicht noch eine Pointe nachlegen könnte, einen Schenkelklopfer, wie ihn nur die allerbesten Profikomiker hinbekommen. Sobjanin wird den Übersetzer wohl dreimal gefragt haben, ob das denn wirklich dasteht und dann für den Rest des Tages vor Lachen kaum noch zum arbeiten gekommen sein: Wowereit »wies darauf hin, daß gerade weltoffene und liberale Städte auch im wirtschaftlichen und sozialen Bereich zu den erfolgreicheren Metropolen gehörten. Berlin habe hier in den letzten Jahrzehnten positive Erfahrungen gemacht.« Also dieses Berlin, das ohne die Transferzahlungen anderer Bundesländer längst insolvent wäre und zwangsverwaltet werden müßte, Berlin, das eine ca. zwölfmal so hohe Arbeitslosenquote hat wie Moskau, Berlin, die tief rassistische Welthauptstadt des Schwabenhasses (der sich freilich nicht nur gegen Schwaben im ethnologischen Sinne richten kann, sondern überhaupt gegen alle, die nicht von obscuren Transfers leben, sondern von ernsthafter Arbeit, und damit die Rechnungen der Berliner bezahlen), Berlin, die unangefochtene Hauptstadt der Sozialhilfeempfänger, Berlin, wo es Viertel gibt, wo Polizisten, so sie sich überhaupt noch hineintrauen, von Türken angehalten und geohrfeigt werden, Berlin, wo diese Polizisten dann die Täter ziehen lassen und hernach vom Polizeipräsidenten für ihre Besonnenheit gelobt werden, Berlin, das mit mehr als zweiundzwanzigtausend Euro je Einwohner fast zehnmal so stark verschuldet ist wie das kleine, aber fleißige Sachsen, dieses Berlin — und ich will da jetzt nicht auch noch mit der berlinischen Unfähigkeit anfangen, mit dem Geld anderer Leute statt der erwähnten Unisextoiletten wenigstens einen Flughafen fertigzubekommen und in Betrieb zu nehmen — Berlin also erklärt Moskau, daß Toleranz und Libertinage — natürlich nicht Schwaben, sondern nur Homosexuellen gegenüber — der Königsweg zu großem Wohlstand und sozialem Frieden seien. Ach, Liebermann … man kann gar nich so viel essen …

 

Nachtrag 26. 6. 16: Ronald Berthold über Berlin

 

 


Photo: © Geier

 

 

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