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»… denn sie lassen sich formen wie Wachs.«
3. Mai 2012
Die Diskussion um den Kindergartenzwang irrlichtert einmal wieder durch die deutschen Medien. Gerade vorgestern hat eine zweiundzwanzigjährige Mainzer Studentin die ZDF-Polit-Castingshow »Ich kann Kanzler« mit einem Programm gewonnen, das sie als Familienförderung verkaufen konnte, das tatsächlich aber ein neuerlicher Familienvernichtungskreuzzug wäre. Kernpunkte wären die Abschaffung des Kindergeldes, flächendeckende kostenlose Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr, die ab dem vierten Lebensjahr dann verpflichtend sein soll: Der Schulzwang glatt um zwei Jahre nach vorn verlegt. Eltern dürften also noch Kinder zeugen und mehr denn je dafür zahlen — das Kindergeld ist ja kein Geschenk, sondern nur eine teilweise Rückzahlung der größeren Steuerlast, die Familien tragen — könnten aber noch weniger als bisher Einfluß auf die Erziehung ihrer Kinder nehmen: Als »Bildungs-Chancengleichheit« verkaufte Gleichschaltung. Die Dame selbst ist übrigens ohne Vater großgeworden, und so war er auch in dieser Situation, da sie diesen gemeingefährlichen Unfug vor großem Publikum ausbreitete, nicht zur Stelle, um ihr kräftig die Ohren langzuziehen. Mit vier Jahren zwingend in den Kindergarten: Das entspräche genau den Verhältnissen in Nordkorea.
Nun wäre das eine völlig belanglose Anekdote, wenn nicht zeitgleich die Nordrhein-Westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung geäußert hätte, daß Bildung in der Kita beginnen müsse und dann auch noch den bemerkenswerten Satz angehängt hätte:
»Dann müssen wir auch sicherstellen, daß alle Kinder da sind.«
Klar. Die singen dann im Morgenkreis das bekannte Kinderlied: »Alle Kinder sind schon da, alle Kinder, alle. Anselm, Droste, Finn, Balthasar, und die ganze Kinderschar. Nur der Max ist nicht dabei, den holt jetzt die Polizei.« Auch wenn sie, von den entsetzten Reaktionen mitten im Wahlkampf verunsichert, später eifrig zurückruderte und dementierte, daß sie damit einen Kindergartenzwang anregen wollte, fällt es doch ziemlich schwer, eine andere, eine harmlose Interpretation für ihre Äußerungen zu finden.
Weil die Herausforderungen an Erziehung heutzutage angeblich anders seien als vor vierzig Jahren, will Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen, die »Kitapflicht sachlich diskutieren«, aber noch nicht jetzt: Zunächst müßten die dafür benötigten Kitaplätze geschaffen werden. Das heißt, wenn die Kapazitäten erst einmal da sind, die jetzt überall aufgebaut werden, will er auch der Frage nachgehen, ob es nicht angeraten sei, zu deren Auslastung die Familien zwangsweise damit zu beglücken.
Auch Norbert Bischoff, SPD-Sozialminister von Sachsen-Anhalt, will die Kindergartenpflicht, die er der Schulpflicht entsprechend ausgestaltet sehen will — also offensichtlich mit polizeilicher Zwangsvorführung, wenn die Eltern ihre Kinder vor bestimmten Inhalten schützen wollen, mit Ordnungsgeldern und Erzwingungshaft. Und natürlich, so stellt er ungefragt schon einmal fest, ginge es hier nicht um Indoktrinierung, sondern um frühkindliche Bildung. Ja, ja, schon klar, niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Oder anderer Leute Kinder zu indoktrinieren.
Der EKD-Ratsvorsitzende Präses Nikolaus Schneider will, wie er dem ZDF verriet, Steuergelder lieber in den Ausbau von Krippen und Kindertagesstätten stecken als sie Einzelnen auszuzahlen. Die »Einzelnen«, ich übersetze das eben einmal ins Deutsche, das sind nicht irgendwelche Passanten, welche die Hand aufhalten, das sind natürlich die Eltern der Kinder, also diejenigen, die immer noch mit großem Abstand das meiste in den gesamtgesellschaftlichen Leistungstopf hineinlegen und mit großer Regelmäßigkeit Protest ernten, wenn sie einen geringen Teil zurückerhalten sollen. Schneider spricht von »Bildungsgerechtigkeit« und »verbesserten Chancen für benachteiligte Kinder« was sich auch gleich viel besser anhört als Nivellierung und Gleichschaltung.
Bundesumweltminister Röttgen, der sich derzeit mit erwähnter Genossin Kraft um die Stelle des Nordrhein-Westfälischen Ministerpräsidenten balgt, will beim Thema Kita-Pflicht einen fundamentalen Unterschied zwischen CDU und SPD ausgemacht haben. Weiß er es nicht besser oder will er es nicht besser wissen? Im Grundsatzprogramm seiner eigenen Partei steht schon seit Dezember 2007 auf Seite 30:
»Den Kindergartenbesuch wollen wir mittelfristig beitragsfrei ermöglichen und für das letzte Jahr verpflichtend machen.«
Es ist, wie Dr. Konrad Adam in seinem Artikel »Notversorgung für alle« schreibt:
»Offenbar betrachten die Familien- und Schulpolitiker der Unionsparteien Eltern als das, was sie für die Linke schon immer waren: als Laien und Dilettanten, die von Erziehung keine Ahnung haben und deshalb von den Fachleuten, die in der Politik den Ton angeben, an der Hand genommen, gegebenenfalls auch entmündigt werden müssen.«
Dies sieht auch Norbert Blüm, der im Mai 2013 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung beklagt:
»Die familiäre Erziehung, so hat sich in der Debatte über das Betreuungsgeld herausgestellt, gilt als überholt. So gesehen sind Eltern Dilettanten. Allein die professionelle Erziehung aller Kinder durch öffentliche Erziehungsanstalten wird als Voraussetzung für Chancengleichheit angegeben. Deshalb werden die Anstrengungen verstärkt, Kinder möglichst schon kurz nach der Geburt den Händen der Erziehungsexperten zu übergeben, um sie später ganztags schulisch zu ›erfassen‹. Schulfreie Kindheitszonen soll es nicht mehr geben. Die allgegenwärtige öffentliche Betreuung beseitigt auch die letzten Verstecke, die dem Abenteuer Kindheit zur Verfügung standen. Selbst die Ferienzeiten werden jetzt zunehmend mit schulischem Betreuungsangebot besetzt, damit auf keinen Fall Spielräume ohne staatlich professionelle Erziehungsaufsicht entstehen. Die Familie ist noch für Übernachtung zuständig. Die Kinder werden ohne Mutter und Vater groß. Eltern erleben Kinder nur nebenbei. Im Finale dieser Entwicklung wird es gar keine Eltern mehr geben. Kinder werden Geschöpfe des Staates.«
Schon ein Jahr zuvor hatte er in der »Zeit« geschrieben:
»Das allseits geforderte umfassende staatliche Betreuungsangebot entpuppt sich hinterrücks als Waffe gegen das Recht auf Erziehung, das das Grundgesetz »zuvörderst den Eltern« sichert. Dieses privilegierte Elternrecht endet nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes nach drei Jahren. Anscheinend sind die Kinder nach dieser Sichtweise vom Staat den Eltern nur befristet ausgeliehen worden, und zwar solange sie sich gut führen. Das Kindergeld ist danach eine Art von Schadensersatz, den der Staat den Eltern gewährt.«
Selbst die saarländische FDP hat 2010 eine zweijährige Kindergartenpflicht gefordert; wir haben es also wirklich mit einer ganz großen Koalition der Kinderverstaatlicher zu tun, die sich aus allen etablierten Parteien rekrutiert.
Wenn das Thema aber jetzt auf einmal aus so vielen Richtungen durch den Blätterwald rauscht, liegt der Gedanke an eine Campagne nahe. Möglicherweise ist das die publizistische Vorbereitung für ernstzunehmende Pläne. Da der Ausbau der vorschulischen Betreuungsplätze derzeit mit Brachialgewalt forçiert wird, viele Eltern aber nach wie vor ihre Kinder selbst betreuen und erziehen wollen, ist der Gedanke, die neugeschaffenen Kapazitäten zwangsweise mit Kindern zu befüllen, für viele Bildungspolitiker wahrscheinlich verführerisch.
Ich habe nachfolgend einige Citate zusammengefaßt, welche die historische Kontinuität zeigen, in die sich die Kinderverstaatlicher einreihen.
Die ersten bekannten Vertreter sind Platon und Aristoteles, deren Aussagen sich stellenweise lesen, als hätte Lenin sie geschrieben. In »Crito« schreibt Platon:
»Wie kannst Du verleugnen, da du von uns [dem Staat] zur Welt gebracht und genährt wurdest, daß du unser Kind und Sklave bist?«
Sein Schüler Aristoteles erklärte, daß der Staat von Natur aus Vorrang vor der Familie habe, und wollte, daß der Staat die Verantwortung für Kinder spätestens übernehmen solle, wenn diese sieben Jahre alt seien.
Platon schrieb:
»Das ist die Zeit, wo der Charakter geformt wird und mit Leichtigkeit jeden Eindruck aufnimmt, den man ihm einprägen möchte.«
Dieser Gedanke wurde 1930 von V. Sensinow in seinem Buch »Die Tragödie der verwahrlosten Kinder Rußlands« aufgegriffen:
»Wir müssen aus der jungen Generation eine Generation von Kommunisten machen. Wir müssen aus den Kindern, denn sie lassen sich formen wie Wachs, echte, gute Kommunisten machen … Es gilt, die Kinder von dem rohen Einfluß der Familie zu befreien. Wir müssen sie … verstaatlichen. Von den ersten Lebenstagen an werden sie unter dem segensreichen Einfluß der Kindergärten und Schulen stehen … Die Mutter zu bewegen, uns, dem Sowjetstaat, das Kind zu überlassen, das soll unsere praktische Aufgabe sein.«
Damit lag Sensinow ganz und gar auf der Linie von Karl Marx, der in seinem »Kommunistischen Manifest« geschrieben hatte:
»Wir heben die trautesten Verhältnisse auf, indem wir an die Stelle der häuslichen Erziehung die gesellschaftliche setzen.«
Wie Sensinow scheint auch Adolf Hitler seinen Platon verinnerlicht zu haben. In einer Rede vor HJ-Angehörigen in Reichenberg, (Schallplattenaufnahme; cit. nach C. Wolfgang Müller, »JugendAmt. Geschichte und Aufgabe einer reformpädagogischen Einrichtung« Weinheim/Basel, 1994, Seite 52) sagt er im Dezember 1938:
»(...) und wenn nun diese Knaben, diese Mädchen mit ihren zehn Jahren in unsere Organisation hineinkommen und dort so oft zum erstenmal überhaupt eine frische Luft bekommen und fühlen, dann kommen sie vier Jahre später vom Jungvolk in die Hitler-Jugend, und dort behalten wir sie wieder vier Jahre, und dann geben wir sie erst recht nicht zurück in die Hände unserer alten Klassen- und Standeserzeuger, sondern dann nehmen wir sie sofort in die Partei oder in die Arbeitsfront, in die Sozialarbeiter oder in die SS, in das NSKK und so weiter. Und wenn sie dort zwei und anderthalb Jahre sind und noch nicht ganze Nationalsozialisten geworden sein sollten, dann kommen sie in den Arbeitsdienst und werden dort wieder sechs oder sieben Monate geschliffen (...) Und was dann nach sechs oder sieben Monaten noch an Klassenbewußtsein oder Standesdünkel da oder dort noch vorhanden sein sollte, das übernimmt dann die Wehrmacht zur weiteren Behandlung auf zwei Jahre (Beifall), und wenn sie dann nach zwei oder drei oder vier Jahren zurückkehren, dann nehmen wir sie, damit sie auf keinen Fall rückfällig werden, sofort in die SA, SS und so weiter, und sie werden nicht mehr frei für ihr ganzes Leben (Beifall), und sie sind glücklich dabei.«
Der Kriegsbeginn beschleunigte schließlich die Verwirklichung dieser grauenvollen Vision: Schon weniger als zwei Jahre später schreibt Franz Rosenow im »Märkischen Stadt- und Landboten« (22. / 23. Juni 1940):
»Jeden Morgen, wenn sich der Strom der arbeitenden Volksgenossen durch die Straßen von Eberswalde nach dem Westen ergießt, wo unsere heimische Industrie zu Hause ist, ertönen zwischen den wuchtigen und bedächtigen Schritten der Männer die leichteren vieler Frauen und Mädchen. Sie nahmen die in den Fabriken und Werken freigewordenen Arbeitsplätze der Männer ein, die mit der Waffe in der Hand im Westen marschieren und für des Volkes und Reiches Sicherheit kämpfen und unvergänglichen Ruhm erwerben. Die Straßenbahn nimmt auf ihrer Fahrt von der Saarstraße nach dem Kleinbahnhof an jeder Haltestelle neue Fahrgäste auf, unter denen sich immer Frauen und Mädchen befinden. Andere wieder suchen mit dem Fahrrad oder mit dem Stadtomnibus ihre Arbeitsstätte zu erreichen.
Die Frauen, die daheim kleine Kinder haben, können mit wesentlich größerer Ruhe ihren täglichen Weg zu ihrer Arbeitsstätte antreten, als die Frauen, die im [Ersten] Weltkrieg in unseren Fabriken wirkten. Heute nehmen die Nachbarnhilfe der NSV. [National-Sozialistische Volkswohlfahrt] oder der Kindergarten dieser Einrichtung der arbeitenden Kameradin einen Teil ihrer Sorge ab. Die schaffende Frau weiß, daß ihr Kind in guter Hut ist und kann sich deshalb mit allen Gedanken auf ihre Arbeit konzentrieren.«
Der Griff nach den Kindern und der Griff nach dem Weib des Nächsten geht also häufig Hand in Hand, und damals wie heute wird Gleichschaltung der Kinder und industrielle Ausnutzung der Frauen anderer Leute mit »Entwicklungs-Chancen«, »Gleichberechtigung« und anderen Euphemismen verbrämt. So äußerte Lenin gegenüber Clara Zetkin:
»Die Regierung der proletarischen Diktatur bietet … alles auf, um die rückständige Auffassung der Männer und Frauen zu überwinden … . Eine Selbstverständlichkeit ist die volle Gleichberechtigung von Frau und Mann in der Gesetzgebung. Auf allen Gebieten zeigt sich das aufrichtige Bestreben, die Gleichberechtigung durchzuführen. Wir gliedern die Frauen in die soziale Wirtschaft, Verwaltung, Gesetzgebung und Regierung ein. Wir öffnen ihnen alle Kurse und Bildungsanstalten, um ihre berufliche und soziale Leistungsfähigkeit zu heben. Wir gründen Gemeinschaftsküchen und öffentliche Speisehäuser, Wasch- und Reparaturanstalten, Krippen, Kindergärten, Kinderheime, Erziehungsinstitute verschiedener Art. Kurz, wir machen Ernst mit unserer programmatischen Forderung, die wirtschaftlichen und erzieherischen Funktionen des Einzelhaushaltes der Gesellschaft zu übertragen. Dadurch wird die Frau von der alten Haussklaverei und jeder Abhängigkeit vom Manne erlöst. … Die Kinder erhalten günstigere Entwicklungsbedingungen als daheim.«
Es war eine fürchterliche Saat, die Lenin da gelegt hatte. Nachdem sie aufgegangen war, stellte sein Nachfolger Gorbatschow 1987 fest:
»Heute engagieren sich die Frauen in der wissenschaftlichen Forschung, sie arbeiten auf Baustellen in der Industrie … und haben daher nicht mehr genügend Zeit, um ihren täglichen Pflichten zu Hause nachzukommen — dem Haushalt, der Erziehung der Kinder und der Schaffung einer familiären Atmosphäre. Wir haben erkannt, daß viele unserer Probleme — im Verhalten vieler Kinder und Jugendlicher, in unserer Moral, der Kultur und der Produktion — zum Teil durch die Lockerung der familiären Bindungen und die Vernachlässigung der familiären Verantwortung verursacht werden. Dies ist ein paradoxes Ergebnis unseres ernsthaften und politisch gerechtfertigten Wunsches, die Frau dem Manne in allen Bereichen gleichzustellen.
Und doch: Die leninistische These, daß Kinder in Fremdbetreuung sich letztlich besser entwickeln könnten als bei elterlicher Betreuung, ist trotz gründlicher wissenschaftlicher Widerlegung heute mehr oder weniger Gemeingut aller im Bundestag vertretenen Parteien.
In der DDR-Säuglingsfibel von 1972 hieß es:
»Für die volle Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frau haben unsere Kindereinrichtungen einen wesentlichen Beitrag zu liefern, weil sie der Mutter weitgehend die Ausübung ihres Berufs, ihre berufliche und kulturelle Qualifizierung und ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Die Tages- und Wochenkrippen für Kinder der ersten drei Lebensjahre dienen nicht allein der Entlastung unserer Mütter, sondern stellen eine wertvolle und wirksame Ergänzung der Familienerziehung dar.«
Im wesentlichen inhaltsgleich heißt es 2007 in einem Schreiben des Familienministeriums der Bundesrepublik an H. K. Götze:
»Gerade junge Frauen wollen heute ganz selbstverständlich, was für Männer schon immer möglich war, nämlich ihre berufliche Qualifikation nutzen, finanziell unabhängig bleiben und trotzdem nicht auf Familie verzichten … Kindertagestätten bieten ein komplementäres — und bei problembelasteten Familien ein kompensatorisches — Angebot zur Erziehung und Bildung in der Familie.«
Die — von der Form abgesehen — völlige inhaltliche Kongruenz und Austauschbarkeit der Texte von Lenin, aus dem »Dritten Reich«, aus der DDR und dem Bundesfamilienministerium ist geradezu gespenstisch. Worum es letztlich geht, sagte in aller Deutlichkeit SPD-Generalsekretär Olaf Scholz am 3. 11. 2002 gegenüber dem Deutschlandfunk:
»Die Regierung will mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung eine ›kulturelle Revolution‹ erreichen. Wir wollen die Lufthoheit über unseren Kinderbetten erobern!«
Damit ist er vollständig auf der totalitaristischen Linie von Platon, Sensinow und Lenin. Mit dem Wissen um dieses Geständnis, daß es der SPD beim Ausbau der Ganztagsbetreuung darum geht, mit den Eltern einen Krieg um den Einfluß auf die Kinder zu führen, ist ein Blick auf den Koalitionsvertrag von Grünen und SPD in Baden-Württemberg besonders interessant:
»Den Rechtsanspruch auf frühkindliche Bildung und Betreuung auch für Kinder unter drei Jahren ab August 2013 wollen wir ohne Wenn und Aber umsetzen. … Wir wollen die Anzahl der ganztägigen Plätze in den Kindertageseinrichtungen erhöhen und damit dem steigenden Bedarf gerecht werden. Mit mehr ganztägigen Angeboten und am Bedarf der Eltern orientierten Öffnungszeiten wollen wir auch die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern.« … »Die Kindertageseinrichtungen haben einen eigenständigen Bildungsauftrag. Wir werden ihn weiter stärken.« … »Wir werden die Ganztagsschule als Regelform im Schulgesetz verankern und wollen für alle Schülerinnen und Schüler ein wohnortnahes Ganztagsschulangebot aufbauen.«
Der elterliche Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz, der ja immer mit der »Vereinbarkeit von Beruf und Familie« begründet wurde, wird hier auf einmal in einen Rechtsanspruch des unter dreijährigen (!) Kindes auf Bildung und (Fremd)betreuung umgedeutet, was insofern absurd ist, als ein Kleinkind nie ein eigenes Interesse an Fremdbetreuung hat.
Da wundert es nun auch nicht mehr, daß in völliger Verkennung der deutschen Verfassungswirklichkeit im Zwölften Kinder- und Jugendbericht des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit zu lesen ist:
»Die Verantwortung dafür, dass Kinder sich positiv entwickeln, kann nicht einseitig der einzelnen Familie übertragen werden; sie muss im Rahmen eines neuen Verständnisses von öffentlicher Verantwortung gemeinsam übernommen werden.«
Solch schleichende Delegitimierung der Familie zugunsten einer erfundenen »öffentlichen Verantwortung« für die Erziehung der Kinder faßt Prof. K. A. Schachtschneider (in »Rechtsproblem Familie«, Seite 28) in dem klaren Satz zusammen:
»Es kennzeichnet den totalen Staat, daß er die Menschen auch in den Familien reglementiert und das Familienprinzip zurückdrängt.«
Im klaren Widerspruch zu solchen Bestrebungen steht bisher aber immer noch im Grundgesetz (Art. 6 Abs. 2):
»Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.«
Und in Artikel 20, Abs, 4 lesen wir:
»Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.«
Ein Vorbild für Deutschland? Das nordkoreanische Modell der Kleinkinddressur:
Weitere Geiernotizen zum Thema:»So schön wie alle Tage Krieg«, »Unter Wölfen«, »Kinderverstaatlichung«, »Die Hand an der Wiege«, »Flaschenpost aus dem Volksheim« und »Bundesgebärmaschinen«.
Siehe auch: Alexander Kissler: »Generalermächtigung des Staates«