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Osirak 2.0?
21. Juni 2010
Wie das Nachrichtenportal »Heute in Israel« meldet, hat in der vergangenen Woche eine Flotte von 11 amerikanischen und einem israelischen Kriegsschiff den Suezkanal in Richtung auf das Rote Meer passiert. Unter den Schiffen soll der Flugzeugträger »Harry Truman« mit 6.000 Marines und 60 Flugzeugen an Bord sein. Außerdem ist der israelische Verteidigungsminister Barak zu einem ungeplanten Besuch nach Washington geflogen. Unklar ist einstweilen, ob dies alles der Vorbereitung eines Militärschlages gegen den Iran dient. Der Iran hatte zuletzt Revolutionsgardisten angeworben, um zu versuchen, die israelisch-ägyptische Gaza-Blockade zu durchbrechen und eine Konfrontation mit der israelischen Armee zu provozieren. Da dies unter der Flagge des »Roten Halbmondes« geschehen soll, wäre dies ein eindeutiger Bruch des Völkerrechts und ein Kriegsgrund. Offensichtlich soll das Schema, das eine türkische Flotte zuletzt mit beachtlichem Propagandaerfolg erprobt hatte, auf eine neue Eskalationsstufe gehoben werden, um eine militärische Auseinandersetzung herbeizuführen.
Schwerer wiegt aber, daß der Iran sein Programm nuklearer Aufrüstung weiterverfolgt, das eindeutig auf die Vernichtung Israels hin ausgerichtet ist. Hier läuft Israel die Zeit davon. Wenn es nicht gelingt, das iranische Atomprogramm rechtzeitig zu stoppen, steht ein Genozid an den israelischen Juden bevor. Angekündigt wurde dies von iranischer Seite oft genug. Gerade heute meldet die israelische Botschaft in Deutschland, daß der Iran der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) mitgeteilt habe, daß zwei ihrer Mitarbeiter in Zukunft nicht mehr ins Land dürften. Die Nachrichtenagentur ISNA, auf die sich die Botschaft bezieht, citierte in ihrem entsprechenden Bericht den Leiter der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi.
Bereits seit längerer Zeit zeichnet sich ein Präventivschlag gegen den Iran ab, der — ähnlich dem Schlag gegen den irakischen Reaktor Osirak im Jahr 1981 — dem Land für längere Zeit die Möglichkeit zu nuklearer Aufrüstung nehmen soll. Fraglich ist aber, ob die dezentralen iranischen Anlagen so unproblematisch mit einem Luftschlag auszuschalten sind wie weiland der Osirak-Reaktor. Vermutlich wird dies im Iran ohne Einsatz von Bodentruppen nicht möglich sein, was wiederum die eingangs erwähnten Truppenverlegungen durch den Suez-Kanal erklären könnte.
Wie die Sunday-Times letztens meldete, wäre Saudi-Arabien, das sich vom iranischen Hegemonialstreben ebenfalls bedroht sieht, bereit, es zu »übersehen«, wenn israelische Kampfflugzeuge saudiarabischen Luftraum durchfliegen würden, um iranische Nuclearanlagen zu bombardieren.
Ein Krieg im Iran könnte — zusammen mit dem Ölunfall im Golf von Mexico und anderen gegenwärtigen Schwierigkeiten ölfördernder Länder — zu Lieferengpässen bei Erdöl führen und den Ölpreis in schwindelerregende Höhen treiben, was die ohnehin im Trudeln begriffene Weltwirtschaft in dramatischer Weise ausbremsen würde. Aber auch die politische Gemengelage, die sich aus einem Krieg ergäbe, birgt unwägbare Risiken. Ein Abwarten, bis der Iran die Möglichkeit für einen nuklearen Erstschlag aufgebaut hat, ist aber — besonders für Israel — ebenso undenkbar.
Nachtrag 24. 6.: Weitere Truppenbewegungen
Nachtrag 28. 6.: Heute citiert der Rundbrief der Israelischen Botschaft zwei israelische Zeitungsberichte:
US-Generalstabschef Mullen in Israel
Der Vorsitzende der US-amerikanischen Chiefs of Staff, Admiral Michael Mullen, hat auf der Durchreise nach Afghanistan spontan Israel besucht. In Tel Aviv traf er sich mit dem Generalstabschef der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (ZAHAL), Generalleutnant Gabi Ashkenazi, und Verteidigungsminister Ehud Barak.
»Ich versuche stets, die Bedrohungen und Herausforderungen aus israelischem Blickwinkel zu betrachten«, versicherte Mullen Ashkenazi. Die israelischen Interessen im Nahen Osten seien auch wichtig für die Vereinigten Staaten. Dabei lobte er die ausgezeichneten Beziehungen zwischen beiden Armeen und Israels Generalstabschef: »Die Führung Ashkenazis hat die Beziehungen zwischen uns verbessert, wenngleich die Herausforderungen bestehen bleiben.«
(Haaretz, 27. 6. 10)
Rußland alarmiert von CIA-Berichten über Iran
Rußlands Präsident Dimitri Medwedew hat am Sonntag mitgeteilt, daß er alarmiert sei von Einschätzungen des CIA-Direktors Leon Panetta, wonach der Iran bereits über ausreichend niedrig angereichertes Uran verfüge, um bei weiterer Anreicherung zwei Atombomben herzustellen.
»Was diese Information anbelangt, so muß sie überprüft werden«, teilte Medwedew Reportern am Rande des G-20-Treffens in Toronto mit. »In jedem Fall sind solche Informationen immer alarmierend, da die internationale Gemeinschaft das iranische Atomprogramm heute nicht als transparent erkennen kann.«
Weiter bemerkte er: »Sollte sich zeigen, daß das, was die amerikanischen Geheimdienste sagen, wahr ist, wird dies die Situation selbstverständlich angespannter gestalten, und ich schließe nicht aus, daß diese Frage dann erneut betrachtet werden muß.«
Medwedews deutliche Worte zeugen von der wachsenden Kluft zwischen Moskau und Teheran, zumal sich russische Führer nur selten zu CIA-Berichten äußern.
(Yedioth Ahronot, 28. 6. 10)
Nachtrag 1. 7.: Weiterer Flugzeugträger in den persischen Golf verlegt