Sie befinden sich hierRettung durch Gebären?

Rettung durch Gebären?


By Geier - Posted on 13 November 2009

13. November 2009

Schwierige Bibelstellen II: 1. Tim. 2, 15

  

In der Reihe »schwierige Bibelstellen erklärt« wende ich mich heute 1. Tim. 2, 15 zu, freilich ohne eine einzig mögliche und endgültige Interpretation anzubieten, dafür aber mit einigen Denkanregungen, die eine schlüssige Einordnung dieser Stelle in den Kontext erlauben sollten. 

Es gibt hier Übersetzungen wie zum Beispiel bestimmte Luther-Revisionen, die ausdrücken, daß eine Frau »dadurch selig (gerettet) werde, daß sie Kinder zur Welt bringt«. Zwar hätte diese Aussage gerade in der gegenwärtigen Zeit allgemeiner Geburtsverweigerung einen gewissen Charme. Diese ist ja durchaus eine Form der Rebellion gegen Gottes Mehrungsgebot, und ein Leben in Rebellion ist schließlich ein Hindernis für Errettung. Trotzdem würde man mit der Aussage »Kindergebären als Voraussetzung für persönliche Rettung« in Konflikt zum Rest der Bibel geraten und wohl auch zum gesunden Menschenverstand: Schließlich gibt es Frauen, die aus verschiedenen Gründen gar keine Kinder gebären können, und auch diese sind durchaus nicht grundsätzlich von der Errettung ausgeschlossen.

Eine andere Interpretation legen die Elberfelder Übersetzung (und sinngemäß andere) nahe, die schreiben »Sie wird aber gerettet werden in Kindesnöten …«, womit keine Rettung durch das Gebären, sondern die Verheißung von Schutz und Rettung während des Geburtsvorganges bezeichnet würde. Der griechische Begriff für »Rettung« schließt durchaus auch den Bedeutungsinhalt von »hüten«, »schützen« und »bewahren« ein. Diese Erklärung klingt für sich genommen also ganz plausibel, würde diesen Vers aber als Fremdkörper im Kontext hinstellen, der nicht viel mit den Gedankengängen zu tun hätte, die in den vorangegangenen Versen entwickelt wurden.

Ein Blick in den Grundtext bringt weitere Erwägungen ins Spiel: So bedeutet das Wort τεκνογονία [TäknoGonia], das hier meist mit »Geburt« übersetzt wird, strenggenommen »Kindwerdung«. Das Wort kommt nur an dieser einen Stelle in der ganzen Bibel vor, so daß man seinen Bedeutungsschwerpunkt nicht durch Vergleich mit anderen biblischen Vorkommen erschließen kann. Sicher ist es nicht völlig falsch, »Kindwerdung« mit »Geburt« zu übersetzen, wenn man aber einmal die wörtliche Bedeutung »Kindwerdung« zugrundelegt, stellt sich folgerichtig die Frage: Wessen Kindwerdung? Ist es die Kindwerdung des Christos, also sein Kommen ins Fleisch, als Basis jeglicher Rettung? Es gibt eine solche Interpretation, ich halte sie aber für nicht naheliegend, da es keinen Sinn ergibt, daß dann hier besonders von der Errettung der Frau gesprochen wird. Die Kindwerdung des Christos war ja als Voraussetzung für die Rettung des Mannes gleich wichtig.

Man könnte also in der hier bezeichneten Kindwerdung die Kindwerdung der Frau sehen, und zwar gemäß Mt. 18, 3: »So Ihr nicht gewendet werdet und werdet wie die Kinder, kommt Ihr nicht hinein in die Regentschaft der Himmel«. Es geht bei dieser Art von Kindwerdung um die Entthronung des Egos, um das persönliche Eingeständnis einer eingeschränkten Mündigkeit*. Zwar gilt auch dies für den Mann, der gegenüber dem Christos als seinem Haupt nur beschränkt mündig ist, aber nicht im gleichen Umfang wie das Weib. Wenn wir den Vers im Zusammenhang mit seinem unmittelbaren Textumfeld, also mit 1. Tim. 2, 11 — 14 (siehe Kasten unten) sehen, wird dies klar: Aufgrund der leichteren Täuschbarkeit der Frau ist ihre Mündigkeit nicht nur dem Christos gegenüber, sondern auch dem Manne gegenüber eingeschränkt. So sie dies (durch Stolz) nicht akzeptiert, steht sie ihrer eigenen Rettung im Wege. Das ist zwar nicht gerade politisch korrekt, aber zumindest rundum biblisch abgesichert.
Für diese Interpretation spricht, daß sie bisher die einzige ist, bei der der Vers kein Fremdkörper im Kontext ist, sondern sich in den inhaltlichen Fluß des vorangehenden Textes bruchfrei einordnet. Das ist kein geringes Argument und auch die Verschränkung mit Mt. 18, 3 spricht dafür: Der Vers paßt sich bei diesem Verständnis nicht nur in sein unmittelbares Textumfeld ein, sondern auch in den gesamtbiblischen Kontext. Ein Geheimnis bleibt trotzdem übrig: Der Wechsel vom Singular des Verbs »wird« zum Plural des Verbes »bleiben« im zweiten Versteil ist schwierig zuzuordnen: »Sie wird aber gerettet werden durch die Kindwerdung, so sie bleiben in Treue und Liebe und Heiligung mit Vernünftigkeit.« Man könnte hierin aber eine Verallgemeinerung sehen: Im ersten Satzteil wird von »der Frau« im allgemeinen gesprochen, im zweiten Teil von »den Frauen«.

Eine fünfte Interpretation geht von der durchaus zulässigen Übersetzung »Sie wird aber bewahrt werden durch das Kindergebären« aus, bezieht den Plural im Vers 15 auf die (zu gebärenden) Kinder und findet auch einigermaßen den Anschluß an den Kontext mit dem Argument, daß eine Frau, die sich darauf konzentriert, Kinder zu gebären und solcherart aufzuziehen, daß diese in Treue, Liebe und Heiligung bleiben, den Täuschungen und Verführungen ausweicht, die in Vers 14 benannt sind. Dies würde wiederum zu den Versen 15 — 20 in Eph. 5 passen, die man vergröbernd mit dem Satz zusammenfassen könnte: Wer mit geistlichen und vernünftigen Dingen beschäftigt ist, kommt nicht auf dumme Gedanken. Ein aufmerksamer Leser hat zudem darauf hingewiesen, daß auch 1. Tim. 5, 14 (sowie das Textumfeld dieses Verses) in diese Richtung weisen, was hiermit nachgetragen sei. Auch in diesen Versen wird das Heiraten und Erziehen von Kindern als Schutz der Frau vor Verführung dargestellt. 

Hier noch einmal zum besseren Verständnis der Textzusammenhang (1. T. 2, 11 — 15):

Ein Weib lerne in Stillheit in aller Unterordnung.
Aber zu lehren gestatte ich einem Weib nicht, aber auch nicht, einen Mann selbstherrisch zu behandeln, sondern in Stillheit zu sein;
denn Adam wurde als Erster geformt, danach Eva.
Und Adam wurde nicht getäuscht, aber das Weib ist als Herausgetäuschtwordene in Verfehlung geraten; 
sie wird aber gerettet werden durch die Kindwerdung, so sie bleiben in Treue und in Liebe und Heiligung mit Vernünftigkeit.

 

Ich habe eine Umfrage installiert, in der die vorgenannten fünf Interpretationsmöglichkeiten bewertet werden können.

 

 * Die Problematik der unterschiedlichen Zumessung von Mündigkeit (die im geistlichen Bereich im Unterschied zu den Gepflogenheiten der Welt nicht per Stichtag verliehen wird, sondern in einem Wachstumsprozeß erworben werden muß) wird auch in der gerade in erweiterter Form erschienen Broschur »Der Weg der Schlange« erklärt.

 

 

Nachtrag 1. 3. 10:

Gerade ist mir noch ein interessanter Beleg begegnet. Wenn, wie im fünften Erklärungsansatz dargelegt, das treue Aufziehen von Kindern ein Schutz vor Täuschung und Verfehlung ist, so besteht der diabolische Gegenentwurf natürlich darin, der Frau die Erziehung abzunehmen, damit sie Freiraum hat, eine Existenz der Verfehlung zu entfalten. Grundsätzlich ist das nicht neu und geschieht täglich, wenn Kinder abgetrieben oder fremdbetreut werden, um die eigene »Freiheit« und »Selbstverwirklichung« nicht zu gefährden, und das Argument, daß Kinder die freie Entfaltung der Frau hindern würden, gehört ja zum feministischen Standardrepertoire. In erschreckender Reinkultur kann man die Auswirkungen dieses Denkens freilich anhand der Terroristin Ulrike Meinhof sehen, die sich von ihren Kindern am Agitieren gehindert sah und die auf den Betrachter einen zutiefst gestörten Eindruck macht. Dies könnte man bei geistlicher Beurteilung durchaus auch darauf zurückführen, daß sie den Schutz, den die das Erziehen ihrer Kinder ihr selbst hätte bieten können, zugunsten der »Agitation« ausgeschlagen hat. Ursache solchen Denkens ist die Hybris, besser und wichtiger zu sein als die Frauen, die sich für die nächste Generation hingeben: 

 

 

 

 

Free Tagging (Freies Zuweisen von Kategorien)

Rückblick 1. Lesertreffen

Beliebte Inhalte



CAPTCHA
Diese Frage hat den Zweck, zu testen, ob man ein menschlicher Benutzer ist und um automatisiertem Spam vorzubeugen.
Bild-CAPTCHA
Bitte die im Bild dargestellten Buchstaben (ohne Leerzeichen) eingeben.

Geierpost buchen

Inhalt abgleichen