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Bonn, Chemnitz, Dortmund, Karlsruhe oder Mannheim zum Beispiel …


By Geier - Posted on 09 Februar 2011

9. Februar 2011

 

Bei den Recherchen zu meinem gestrigen Artikel bin ich auch an den folgenden Film* geraten. Da er Filmsequenzen von tatsächlichen Abtreibungen enthält, ist er zutiefst verstörend. Ich habe daher erst einmal in Ruhe überlegt, ob es denn angemessen sei, den Film hier einzustellen. Freilich stellt er die Wirklichkeit dar, in der wir leben, auch wenn wir zumeist davon nichts wahrnehmen. Aber durch Nichtwissen wird nichts besser. Entsetzen ist die erste Voraussetzung für eine Änderung der Verhältnisse. Wenn der Film dazu beiträgt, ein Bewußtsein dafür zu entwickeln, daß es Menschen wie alle anderen sind, die da sterben, dann ist es ein nützlicher Film, dem man Verbreitung wünschen muß, so entsetzlich er auch ist. Es ist eben ein Unterschied, ob ich nur weiß, daß Abtreibungen verwerflich sind, weil man eben nicht morden darf, oder ob ich damit solche Bilder wie die folgenden verbinde. Für Heranwachsende ist der Film wegen seiner schonungslosen Brutalität einerseits nur bedingt geeignet. Andererseits: Eine Gesellschaft, die immer jüngere Kinder mit den Details des Erwachsenenlebens behelligt, sollte parallel auch über solche Folgen aufklären.

Wie sehr der Mensch dazu neigt, die Realität zu verdrängen, wie verschoben und irrational unsere Wahrnehmung ist, mögen die folgenden Zahlenspiele illustrieren: Beim Einsturz des World-Trade-Centers sind etwa 3.500 Menschen ums Leben gekommen, was das westliche Rechtsverständnis, den Freiheitsbegriff und die Sicherheitsdoctrin zutiefst verändert hat. Das Ereignis ist im öffentlichen Bewußtsein dauerhaft präsent. Aber allein in Deutschland werden jede Woche 5.000 Menschen bei Abtreibungen getötet, ohne daß die Öffentlichkeit davon Notiz nimmt. Im Zweiten Weltkrieg haben etwa 55 Millionen Menschen ihr Leben verloren. Die civilisierte Welt ist sich einig, daß alles zu unternehmen sei, um einen neuen Weltkrieg zu verhindern. Aber jährlich sterben weltweit etwa 60 Millionen Menschen bei Abtreibungen. Der Tsunami 2004 in Südostasien hat schätzungsweise 230.000 Todesopfer gefordert und eine beispiellose Welle der Spenden- und Hilfsbereitschaft ausgelöst. Die Zahl der Todesopfer jährlicher Abtreibungen in Deutschland wird auf ca. 300.000 geschätzt. Das entspricht jeweils der Einwohnerzahl von Bonn, Chemnitz, Dortmund, Karlsruhe oder Mannheim — Jahr für Jahr. Aber eine Welle des Entsetzens oder der Hilfsbereitschaft ist bisher ausgeblieben.

 

 

 

* Nachtrag: Die Einbettung des Films scheint nicht mehr zu funktionieren. Man kann den Film aber auf dieser Seite ansehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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