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Fremde Federn: »Die Suche nach dem Berg des Herrn«


By Geier - Posted on 05 September 2010

6. September 2010

 

Nach der überdurchschnittlichen Resonanz auf das Gleichnis, das ich letztens geschrieben hatte, ist mir bewußt geworden, daß Jesus mit Gleichnissen ja nicht nur gelehrt hat, sondern damit gleichzeitig auch ein Beispiel gegeben hat dafür, wie man (u. a. auch) lehren kann. Deshalb werde ich Augen und Ohren offenhalten nach neuen Gleichnissen. Das folgende Gleichnis zum Thema des Denominationsunwesens[G] habe ich auf dem Blog »Christlicher Aussteiger« gefunden. Der Originalartikel findet sich hier. Wer den Artikel weiterverwenden will, beachte bitte die (auch dieser Übernahme zugrundliegenden) Wiedergabebedingungen des Herkunftsblogs.

 

Die Suche nach dem Berg des Herrn

Von NovumTestamentum

Ein Gleichnis

 

Vor wenigen Tagen war ich durch die Enge Pforte eingetreten. Jetzt befand ich mich auf dem Weg zum Berg Zion. Ein dichter Nebel begann die Landschaft einzuhüllen. Da ich nie zuvor diesen Weg gegangen war, freute ich mich, als mir ein Bergführer seine Dienste anbot. Er versicherte mir, daß er mich auf dem besten Weg zum Gipfel führen würde, und ich bezahlte den vereinbarten Preis. Der Führer begann ein dickes Seil zu entrollen und erklärte mir, wie ich mich daran anbinden sollte.
 »Wozu?«, fragte ich.
 »Zu deiner Sicherheit. Es gibt einige gefährliche Abgründe nahe am Weg.«


Ich band mich also am Seil an, und der Führer band sich das andere Ende um. 

So gingen wir, und bald begann der Weg anzusteigen. Man konnte nicht viel sehen wegen des Nebels. Diese Seite des Berges war tatsächlich ziemlich steil. Aber der Weg war gut, sicher und bequem zu gehen, so daß ich mich fragte, warum das Seil nötig sein sollte. 

Plötzlich sah ich, wie mein Führer, der vorausging, ausrutschte und neben dem Weg hinunterfiel, wo ich ihn nicht mehr sehen konnte. Aber sogleich begann das Seil, an dem ich angebunden war, auch mich gegen den Abgrund zu ziehen. Wir beide rutschten über Steine und Felsen, bis uns einige Sträucher aufhielten. Mit großer Mühe konnten wir den rutschigen Abhang hinaufsteigen, bis wir wieder auf den Weg gelangten. 

»Ich hoffe, du wirst keinen Fehltritt mehr tun«, sagte der Führer. »Es hat mich viel Mühe gekostet, dich auf den Weg zurückzubringen.«


»Ich habe keinen Fehltritt getan«, antwortete ich.

»Doch, natürlich«, sagte er, »du hast nicht auf den Weg aufgepaßt, sonst wären wir nicht hinuntergefallen.« 
Es schien unnütz, mit ihm zu diskutieren. 

Wir gingen weiter, und der Nebel begann sich ein wenig zu lichten. Man konnte sogar die Sonne sehen, aber sie schien nicht mit ihrer vollen Kraft. Wir kamen auf ein Hochplateau mit mehreren Häusern. Einige Leute spazierten in dem freien Platz zwischen den Häusern umher. Der Führer hieß mich in eines der Häuser eintreten und sagte: »Willkommen im Haus Gottes.«

Dieser Ausspruch befremdete mich ein wenig, aber ich sagte nichts. Viele andere Leute waren in dem Haus. Alle standen, obwohl es mehrere Sitzbänke gab. Alle schauten in dieselbe Richtung, obwohl es dort nichts zu sehen gab. Der Führer ging nach vorne, dorthin, wohin die Leute schauten. Dies zwang mich, ihm zu folgen, da ich immer noch am Seil angebunden war. 

»Ihr könnt Platz nehmen«, sagte der Führer. Wir setzten uns alle in die Bänke. Der Führer begann über das Bergsteigen zu sprechen, und wie wichtig es sei, immer am Seil angebunden zu sein und keinen Fehltritt zu tun. 

Als der Führer fast eine Stunde lang gesprochen hatte, wagte ich zu sagen:
 »Entschuldigen Sie, aber ich bin auf diesen Berg gekommen, um dem Herrn zu begegnen und um die Aussicht zu sehen, die man von hier hat.«
  »Unterbrich nicht«, sagte der Führer, »dies ist das Haus Gottes.«

Ich mußte eine weitere Stunde warten, bis der Führer seine Rede beendet hatte. Dann begab er sich zur Tür des Hauses, und die Leute begannen hinauszugehen. Als ich an ihm vorbeikam, sagte er zu mir: »Jetzt kannst du hier ein wenig spazierengehen.« Ich konnte aber nicht weit gehen, denn ich war ja am Seil angebunden, und er entfernte sich nicht von der Tür des Hauses. 

In einem Moment schien es mir, als sähe ich im Nebel einen hohen Gipfel, wenige Kilometer entfernt. Ich sah genauer hin, und da war tatsächlich ein hoher Berg, glänzend im Sonnenlicht, welches auf jener Höhe intensiver sein mußte. Dies überraschte mich, und ich wandte mich an meinen Führer:
 »Sie sagten, der Berg Zion sei der höchste Berg in dieser Gegend.« »Das ist richtig.« »Was ist denn jener viel höhere Gipfel dort?«
 »Was für ein Gipfel?« »Dort«, sagte ich, und zeigte mit dem Finger die Richtung.
 »Dort ist nichts«, sagte der Führer.
 »Aber ich sehe einen Gipfel dort, sehen Sie gut hin.« »Nein, ich sehe nichts. Du siehst sicher eine Luftspiegelung.«

In diesem Moment durchbrach die Sonne den Nebel mit einigen stärkeren Strahlen, und die glänzenden Umrisse des hohen Gipfels zeichneten sich klar ab vor dem Himmel, der jetzt fast blau war.
 »Sehen Sie«, sagte ich, »jetzt sieht man ihn deutlich.» »Gut, es kann sein, daß da etwas ist, aber ich versichere dir, daß ich nie zuvor einen Berg dort gesehen habe.«
 »Dann haben Sie mich betrogen. Ich habe Sie angestellt, um mich zum Berg Zion zu führen, dem höchsten Berg dieser ganzen Region. Sie haben mich zum falschen Ort gebracht.« »Wie kannst du so etwas sagen? Dies ist der Berg Zion, und es ist meine Arbeit, die Menschen hierherzubringen, und das habe ich getan. Ich habe auf dem ganzen Weg auf dich aufgepaßt und habe dich sicher hierhergebracht. Ohne meine Hilfe wärst du in den Abgrund gestürzt.« »Was auch immer dieser Ort sein mag, ich sehe dort einen höheren Gipfel und möchte dorthin gehen.« »Auch wenn dort tatsächlich etwas wäre«, sagte der Führer, »dann wäre es mit Sicherheit unmöglich, dorthin zu gelangen.«
 »Dann bitte ich Sie, mich zur Engen Pforte zurückzubringen.«
 »Tut mir leid, aber das steht nicht im Vertrag. Ich führe die Leute nur auf dem Aufstieg.«
 »Dann werde ich allein gehen.«
 »Wie kannst du so etwas tun? Du hast gesehen, wie gefährlich der Weg ist. Ohne meine Hilfe wärst du völlig verloren.«
 »Ich weiß, wohin ich gehen will, und wenn Sie mich nicht führen wollen, dann muß ich allein gehen. Bitte lösen Sie mich von diesem Seil.«

Erst in diesem Moment fiel mir auf, wie lächerlich es war, an einem Seil an einen anderen Menschen angebunden zu gehen, auf einem völlig ebenen Platz, und sogar während wir im Haus drin waren. Aber der Führer antwortete: »Nein, das kann ich auf keinen Fall tun, das wäre völlig unverantwortlich. Hast du meine Predigt nicht verstanden? Niemand kann ohne Führer und ohne Seil in den Bergen umhergehen. Wenn du nicht an diesem Ort und in der Nähe dieses Hauses bleibst, wirst du verlorengehen.«

Somit begann ich, mich selber loszubinden, aber die Knoten hatten sich auf dem Weg derart zugezogen, daß ich sie nicht öffnen konnte. Ich versuchte einige andere Leute in der Nähe um Hilfe zu bitten, da mir der Führer auf keinen Fall helfen wollte. Zuerst schien es, als hätte mich niemand gehört. Nach vielen Versuchen fand ich schließlich jemanden, der bereit war, mir ein Messer zu leihen. Mit diesem schnitt ich die Knoten durch.

Aber da wurde der Führer wütend: »Du hast mein Seil kaputtgemacht! Weißt du, wieviel ein solches Seil kostet? Das mußt du mir jetzt gleich bezahlen!«
 Viele Leute begannen sich um uns zu scharen, und es war offensichtlich, daß sie mich nicht gehen lassen würden, ohne daß ich das Seil bezahlte. Der Führer verlangte alles Geld, das mir geblieben war, bis auf den letzten Cent.

Dann suchte ich den Rückweg. Aber zu meiner Überraschung war jene Seite des Hochplateaus jetzt mit einer hohen Mauer abgeriegelt. Es gab keinen Durchgang zum Weg, auf dem ich gekommen war. Der einzige Ausweg war auf der gegenüberliegenden Seite, in der Richtung, wo ich den hohen Gipfel gesehen hatte. Der Nebel war wieder dichter geworden, und der Gipfel war nicht mehr zu sehen; aber ich erinnerte mich noch an die Richtung. Um dorthin zu gelangen, mußte ich wieder an dem Haus vorbeigehen, wo der Führer war. Ich konnte hören, wie er die Leute ringsum davor warnte, mir zu folgen; und er wies sie an, jeden Kontakt mit mir zu vermeiden.

Ich überquerte das Hochplateau, das größer war, als ich gedacht hatte. Ich sah viele verschiedene Häuser, aber in allen schienen sich ähnliche Szenen abzuspielen wie jene, die ich am Anfang erlebt hatte. Und öfters konnte ich Führer sehen, die eine oder mehrere Personen an einem Seil angebunden hinter sich her führten. Sie gaben ihnen ähnliche Anweisungen wie ich sie gehört hatte. Einige Führer warnten die Leute sogar davor, sich irgendeinem anderen Haus zu nähern, da die anderen Häuser, ausgenommen das seine, gefährlich seien. Ich versuchte mit einigen Leuten zu sprechen, aber sie konnten mich anscheinend nicht einmal sehen. Sie folgten nur ihren Führern.

Schließlich gelangte ich an den Anfang des Abstiegs. Diese Seite des Berges war ebenso steil wie die andere; aber es gab keinen Weg, so daß der Abstieg schwierig war. Einige Male rutschte ich aus, und ich begann mich zu fragen, ob ich doch dem Führer hätte gehorchen sollen. Vielleicht war es wirklich gefährlich, hier zu gehen. Aber dann erinnerte ich mich, wie der Führer ausgerutscht war und dann mir die Schuld gegeben hatte. Ich folgerte, daß es sicherer war, ohne Führer zu gehen. 

Auf einmal fiel mir das seltsame Aussehen der Felsen auf. An der Erde, den losen Steinen und dem Sand war nichts Außergewöhnliches; aber der Fels, der an einigen Stellen zum Vorschein kam, glich keinem bekannten Gestein. Neugierig geworden, begann ich mit einem Stein gegen einen Felsen zu schlagen, um ihn zu untersuchen. Als ein Stück davon abbrach, erkannte ich, was es war: Zement! 

Ich stieg weiter hinunter, und überall beobachtete ich dasselbe. Dieser Berg bestand nicht aus natürlichem Fels. Es war ein vollkommen künstlicher Berg, sicherlich mit riesigem Arbeitsaufwand erbaut, aus Zement und einigen natürlichen Bestandteilen. 

Schließlich kam ich an den Fuß des Berges. Wohin jetzt? Hier unten war der Nebel so dicht, daß man nicht einmal die Stellung der Sonne erraten konnte. Ich hatte keinen Kompaß. Wie sollte ich die richtige Richtung finden? Wieder begann ich an meiner Entscheidung zu zweifeln, mich an diesen unbekannten Ort zu wagen, ohne Führer, ohne Sicherheit, und jetzt auch ohne Geld. Ich setzte mich auf einen umgestürzten Baumstamm und rief aus:
 »O Herr, ich möchte nur Dich finden! Aber es scheint, daß ich mich hier verirrt habe.«

Ich weiß nicht, wie lange ich an diesem Ort geblieben war, als ich plötzlich durch den Nebel wieder jenen leuchtenden Gipfel erscheinen sah, den ich zuvor gesehen hatte. Ja, dort war er, jetzt konnte man ihn besser sehen. Nur sah er von hier viel höher und ferner aus. Wie seltsam, daß dieser Gipfel durch den Nebel hindurch sichtbar war, obwohl man nicht einmal die Sonne sehen konnte!

Ich begann, in die Richtung des Berges zu gehen. Ich mußte ein verwildertes Dickicht voller Dornen durchqueren, dann einen Sumpf, mehrere Flüsse und Bäche, und unzählige andere Hindernisse. Aber immer wenn ich daran dachte aufzugeben, erschien von neuem der leuchtende Gipfel. Nach langer Wanderung kam ich zu etwas, was wie ein Weg aussah. Er war sehr schmal, voll von Steinen, und an einigen Stellen von hohem Gras und Kräutern überwachsen, als ob während vielen Jahren niemand hier entlanggegangen wäre. Er konnte sich überhaupt nicht mit dem sicheren und gut unterhaltenen Weg vergleichen, der auf den Zementberg führte. Aber zweifellos war es ein Weg, und er führte in Richtung des Gipfels. 

Ich fragte mich, ob dieser Weg von der Engen Pforte herkam; und falls es so war, warum ich ihn nicht gesehen hatte. Aber dann erinnerte ich mich, daß ich dem Führer gefolgt war, sobald der Nebel aufgekommen war; und von da an hatte ich auf keinen anderen Weg mehr geachtet. Wieder fühlte ich Ärger gegen den Führer und seinen Betrug. Aber da war es, als ob eine Stimme mit den Worten des Meisters zu mir spräche:
 »Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.«

Wie konnte ich es vergessen? Der Meister hatte mir gesagt, ich solle ihm folgen. Nicht einem Menschen, nicht einem Führer, sondern ihm. Es war meine eigene Schuld, daß ich jenem Führer gefolgt war. Deshalb war es klar, daß ich den Herrn nicht finden konnte an dem Ort, wohin mich der Führer gebracht hatte. Mir kam auch der Gedanke, daß der Führer, obwohl er nicht ganz ehrlich war, vielleicht doch die Leute nicht bewußt irreführte. Vielleicht glaubte er aufrichtig, jener Berg sei der wirkliche Berg Zion.

Ich kniete nieder wo ich war, auf dem steinigen Weg, und bereute meinen Fehler und bat den Meister um Vergebung, weil ich nicht auf seine Stimme gehört hatte.

Sofort fühlte ich eine große Sicherheit, daß ich mich auf dem richtigen Weg befand. Und ich bemerkte, daß der Weg schon seit längerer Zeit aufwärts geführt hatte, und daß die Sonnenstrahlen wieder durch den Nebel drangen. Ich ging weiter aufwärts. Dieser Berg war noch steiler als der andere, und der Weg schmaler und schwieriger, aber dennoch hatte ich keine Angst mehr, hinunterzufallen.

Einige Minuten später verschwand der Nebel ganz. Vor mir befand sich der hohe leuchtende Gipfel. Er glänzte in der Sonne, und seine majestätischen Umrisse hoben sich scharf gegen den blauen Himmel ab. Noch stand mir ein langer Aufstieg bevor, aber der Weg war jetzt angenehmer im vollen Sonnenlicht. 

Wenig später holte ich einen anderen Wanderer ein, der denselben Weg hochstieg. Er war schon älter und sah ein wenig müde aus.
 »Wo gehen Sie hin?«, fragte ich.
 »Zum Berg Zion.« »Dann ist dies der echte Berg Zion?« »Natürlich, wie kannst du daran zweifeln? Wenn du hier bist, dann ist es, weil der Meister dich hierher brachte. Es gibt keine andere Möglichkeit, diesen Weg zu finden. Aber du bist sicher mit dem falschen Berg betrogen worden.« »Ja, und auch von einem falschen Führer, wegen meiner Unvorsichtigkeit. Weißt du davon?« »Ja, ich habe mich auch einmal dorthin verirrt.«
 »Und hast du auch diese ganze wilde Gegend zwischen den zwei Bergen durchquert?« »Schlimmer, mein Bruder, noch schlimmer. Als ich verstand, daß ich den Herrn auf dem falschen Berg nicht finden konnte, entschied ich, daß alles, was ich über den Berg Zion gehört hatte, lauter Märchen und Betrug waren. Ich stieg vom Berg hinunter, suchte die Enge Pforte und ging durch sie hinaus.«
 »Aber dann bist du ganz verlorengegangen!«

»So schien es. Ich befand mich sofort in der dunkelsten Finsternis, die du dir vorstellen kannst. Ich begann alles zu vergessen, was mir der Meister einmal gesagt hatte. Aber ob du es glaubst oder nicht, sogar dort fühlte ich mich freier als auf dem falschen Berg. So lebte ich viele Jahre in dieser Finsternis.
 Eines Tages besuchte mich ein entfernter Verwandter, der weit gereist war. Er begann mir vom Berg Zion zu erzählen. Ich unterbrach ihn sogleich: ›Sprich mir nicht davon. Ich bin dort gewesen, und ich habe gesehen, daß das alles ein riesiger Betrug ist.‹ Aber er bat mich, ihm von meinen Erfahrungen zu erzählen. So erzählte ich ihm alles, was mir geschehen war an jenem Ort, wo man mit Seilen angebunden wird. Er antwortete mir: ›Das ist nicht der Berg Zion. Ich bin auf dem echten Berg gewesen, und ich versichere dir, die Liebe des Herrn ist Wirklichkeit dort.‹ Ich wollte ihm nicht glauben, aber es war etwas an seiner Person, was mich das Gespräch nicht vergessen ließ. Seine letzten Worte an mich waren: ›Falls du dich einmal entschließen solltest, zum echten Berg zu gehen, dann suche den Meister. Ich kann dich nicht führen, aber der Meister weist niemanden zurück, der ihn von ganzem Herzen sucht.‹«

»Dann gingst du also diesen Weg suchen?« 

»Ich schob die Entscheidung viele Monate hinaus. Erst als mir eines Tages die Finsternis unerträglich wurde, nahm ich den Weg unter die Füße. Und da erhob sich ein wahrer Krieg gegen mich. Ich habe einige Freunde, die auf dem falschen Berg leben und sich dort sehr gut fühlen, und sie bestanden darauf, mich wieder dorthin zu führen. Einige wollten mich sogar mit Gewalt hinschleppen. Andere sagten mir: ›Du hast den Meister verleugnet, du hast ihn verlassen, jetzt wirst du nie mehr durch die Pforte hineingehen können. Er wird dich nicht mehr aufnehmen.‹« 

»Und, Bruder«, fragte ich, »wie konntest du dann diesen Weg finden?«

Der alte Mann lächelte: »Ich tat, was mir mein Verwandter geraten hatte: Ich suchte den Meister. Und er machte mir klar, daß ich nicht ihn abgelehnt hatte, da ich ihn ja gar nie wirklich kennengelernt hatte. Was ich abgelehnt hatte, war lediglich eine Fälschung seines heiligen Berges. Sobald ich dies verstand, war es kein Problem für mich, wieder zur Engen Pforte einzutreten und diesen Weg zu finden. Er hat mich nicht zurückgewiesen, genau wie er es versprochen hat.«

Dann wurde sein Gesichtsausdruck ernst. »Aber es gibt viele andere, die auf dieselbe Weise betrogen und enttäuscht wurden, und die immer noch in derselben Finsternis leben wie ich damals, und nichts mehr vom Meister wissen wollen. Oh, wenn sie doch nur diesen wunderbaren Ort sehen könnten!«

Ohne es zu bemerken, waren wir während unseres angeregten Gesprächs dem Gipfel schon sehr nahe gekommen. Die Sonne war nahe am Untergehen, aber der Berggipfel leuchtete immer noch mit demselben Glanz, und es schien mir, als ob wir selber ebenfalls leuchteten. Auf dem Gipfel konnte ich andere leuchtende Wesen erkennen, vereint in einer glücklichen Harmonie. Und da, vor uns, stand der Herr, bereit uns aufzunehmen in seiner unaussprechlichen Liebe.

 

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