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Das System Absalom


By Geier - Posted on 07 März 2010

8. März 2010

 

Die Geschichte Absaloms wird Bibellesern ein Begriff sein; ich fasse hier nur kurz zusammen, was für das Verständnis des »Systems Absalom« wichtig ist; die ganze Geschichte kann im Zusammenhang in 2. Samuel 13 — 18 nachgelesen werden.

Absalom, Sohn Dawids, war sehr von sich selbst eingenommen. Schön und intelligent, war er der Meinung, ein besserer König sein zu können als sein Vater. Er war ein durchtriebener Stratege. Ganze zwei Jahre hatte er die Rache an seinem Halbbruder Amnon geplant, um dann mit einer List zuzuschlagen. Seine Lynchjustiz zwang ihn zwar zur Flucht, aber planvoll und rücksichtslos betrieb er seine Rückkehr nach Jerusalem. Und ebenso sorgfältig plante er auch die Übernahme des Throns:

Und es geschah hernach, da schaffte sich Absalom Wagen und Rosse an, und fünfzig Mann, die vor ihm herliefen. Und Absalom machte sich früh auf und stellte sich an die Seite des Torweges; und es geschah: Jedermann, der einen Rechtsstreit hatte, um zu dem König zu Gericht zu kommen, dem rief Absalom zu und sprach: Aus welcher Stadt bist du? Und sprach er: Dein Knecht ist aus einem der Stämme Israels, so sprach Absalom zu ihm: Siehe, deine Sachen sind gut und recht; aber du hast von seiten des Königs niemand, der sie anhörte. Und Absalom sprach: Wer mich doch zum Richter setzte im Lande, daß jedermann zu mir käme, der einen Rechtsstreit und Rechtshandel hat, und ich würde ihm zu seinem Recht verhelfen! Und es geschah, wenn jemand ihm nahte, um sich vor ihm niederzubeugen, so streckte er seine Hand aus und ergriff ihn und küßte ihn. Und Absalom tat auf solche Weise allen Israeliten, die zu dem König zu Gericht kamen; und so stahl Absalom das Herz der Männer von Israel. (2. Sam. 15, 1ff) 

Das Rechtsprechen war in diesen Tagen Aufgabe des Königs. Wer einen Streit zu entscheiden hat zwischen zwei Kontrahenten, wird sich immer Gegner schaffen, die mit seiner Entscheidung unzufrieden sind. Auch die Regentschaft selbst ist dazu angetan, sich Gegner zu erwecken: Wer unter den Bedingungen einer gefallenen Schöpfung rechtmäßig regiert, muß beschränken und beschneiden, wie ein guter Weingärtner. Er hat viel abzuverlangen und wenig Geschenke zu verteilen. Das ist ein unpopuläres Geschäft, wie jeder rechte geistliche Familienvater wissen wird.

Ein König nach dem Herzen Gottes wird immer unpopulär sein, da er gegen die gefallene Natur des Fleisches kämpft. Autorität, die christusgemäß angewandt wird, ist höchst unbequem. Populär sind dagegen solche Könige, die mit dem Volk gemeinsam »auf den Höhen räuchern«. Die Könige, die ihre Pflicht tun und die Götzenaltäre auf den Höhen abreißen, müssen zuerst einmal gegen die Mehrheit des Volkes regieren. Sie sind bei vielen unbeliebt.

Und genau an dieser Stelle setzt Absalom an: Absalom weiß immer einen bequemen Weg. Absalom klopft immer allen aufmunternd auf die Schulter, wo Dawid zurechtweisen müßte. Absalom gewährt Anerkennung, wo Dawid tadeln müßte. Absalom sagt niemals nein. Absalom setzt keine Grenzen, sondern verspricht grenzenlose Freiheit. Und darum liebt ihn das Volk.

In gewissem Sinne kann man das absalomsche Verhaltensmuster als Zauberei bezeichnen. Es gibt jedenfalls etliche Bibellehrer, die solche Manipulation als Zauberei ansehen bzw. der Zauberei für gleichwertig halten. Grundlage dafür ist 1. Sam. 15, 23, wo Rebellion und Zauberei gleichgesetzt werden. Denn der Kern, auf den sich sowohl Rebellion als auch Zauberei zurückführen lassen, ist, daß jemand aus eigenem Antrieb nach einer Vollmacht greift, die ihm nicht von Gott anvertraut wurde.

Paulos warnt in seinem zweiten Brief an Timotheos vor denen, die »die gesunde Belehrung nicht ertragen, sondern sich gemäß den eigenen Begierden selber Lehrer aufhäufen, als durch sie das Gehör kitzelnde«, oder wie es Luther ausgedrückt hat, die ihnen predigen, »wonach ihnen die Ohren jucken«. Das sind solche, die das System Absalom verstanden haben oder zumindest unbewußt anwenden. Man kann schließlich viel mehr Leute erreichen, wenn man ein humanistisches Evangelium predigt, in dem solche Begriffe wie Selbstverleugnung und Tragen des Pfahles (bzw. Kreuzes)[G] nicht vorkommen. Wie Absalom das Volk geküßt hat, so streicheln sie die Seelen ihrer Zuhörer, statt ihnen zu sagen, daß das Lieben der eigenen Seele geradewegs in den Tod führt (Mt. 16, 25). Solche Lehrer beschneiden die Hauptschaft des Christos, sie setzen sich selbst zu Häuptern über ihre Hörer, indem sie ihnen ein »billigeres« Evangelium anbieten als der Christos selbst es anbietet und sie dadurch wegziehen von ihm »hinter sich selbst her«.

Das System Absalom funktioniert aber nicht nur in der Herausgerufenen[G]. Es kann überall Anwendung finden, wo eine rechtmäßige, von Gott gesetzte Hauptschaft untergraben werden soll, um sie an sich zu reißen. So gibt es untreue Mütter, welche die Grenzen, die ihr Haupt für die Familie gesetzt hat, Stück für Stück erweitern und verschieben und auf diese Weise ihre Kinder »bestechen« und für sich einnehmen, um sie für einen stillen Kampf um die Macht in der Familie, den Griff nach der Hauptschaft, zu instrumentalisieren und auf ihre Seite zu ziehen. Ein Vater wird auf diese Weise mehr und mehr in die Position gedrängt, einseitig die unpopuläre Seite der Verantwortung wie Ermahnung und Zurechtweisung auszuüben, während sein Weib sich für das »Verteilen der Geschenke« zuständig macht und Grenzsetzungen relativiert, abwertet und aufweicht. Kurz- und mittelfristig hat sie hier viel Sympathie und Einfluß zu gewinnen. Auf lange Sicht sieht das gemäß Lk. 17, 2 schon nicht mehr so vorteilhaft aus. Auch Absaloms Ende ist bekannt:

Er nutzt die gestohlene Sympathie der Männer Israels, um endlich einen Aufstand gegen den rechtmäßigen König, seinen Vater Dawid, anzuzetteln, der auch anfangs erfolgreich scheint. Als es aber zur entscheidenden Schlacht kommt, fallen zwanzigtausend derjenigen, die sich vom »System Absalom« beeindrucken und kaufen lassen hatten. Absalom selbst findet den Tod, nachdem er sich mit seiner stolzen Haarpracht in den Zweigen einer Terebinthe verfangen hatte und sein Maultier unter ihm weggeritten war. Die Terebinthe aber heißt hebräisch Elah; dies ist die weibliche Form des Wortes El (Gott), was ein zusätzlicher Hinweis ist auf Gottes persönliches Eingreifen in dieser Sache.

 

Das System Absalom funktioniert aber auch ganz erfolgreich in der Welt, besonders im Bereich der Politik. Schon die römischen Imperatoren haben es verstanden, durch »Brot und Spiele« ihre Popularität zu steigern und damit ihre Machtbasis zu verbreitern.

Ein weiterer Adept des Systems Absalom war Adolf Hitler, der in seinem Buch »Mein Kampf« schrieb:

»Das erste Fundament zur Bildung von Autorität bietet stets die Popularität. Eine Autorität jedoch, die allein auf diesem Fundamente ruht, ist noch äußerlich schwach, unsicher und schwankend. Jeder Träger einer solchen rein auf Popularität fußenden Autorität muß deshalb trachten, die Grundlage dieser Autorität zu verbessern und zu sichern durch Bildung von Macht. In der Macht also, in der Gewalt, sehen wir die zweite Grundlage jeder Autorität. Sie ist bereits wesentlich stabiler, sicherer, durchaus aber nicht immer kraftvoller als die erste. Vereinen sich Popularität und Gewalt und vermögen sie gemeinsam eine gewisse Zeit zu überdauern, dann kann eine Autorität auf noch festerer Grundlage erstehen, die Autorität der Tradition. Wenn endlich Popularität, Kraft und Tradition sich verbinden, darf eine Autorität als unerschütterlich betrachtet werden.« 

Auch wenn z. B. die gegenwärtig unter dem Namen »Die Linke« agierende SED gleichzeitig »Reichtum für alle« und »Reichtum besteuern« verspricht, ist dies — jenseits des realsatirischen Gehaltes der Situation — eine perfekte Anwendung jenes Prinzips, jedem alles zu versprechen, um möglichst viele zu betören und auf dem Wege der Popularität Macht zu erlangen. Freilich ist das Bestreben, Wählerstimmen mit letztlich unerfüllbaren Versprechen oder mit Wohltaten zulasten anderer zu »kaufen«, nicht auf die SED beschränkt, sondern quer durch alle Parteien anzutreffen. Und so ist auch weiterhin nicht zu erwarten, daß Regierungen sich danach drängen, notwendige, aber unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen, um das Land aus der Krise zu führen, würden sie damit doch ihre eigene Machtbasis zerstören. Denn diejenigen, die Führer in der Art Absaloms suchen, die ihnen Brot und Spiele versprechen, stellen längst die Mehrheit. Daß dies ein Weg ist, der ins Gericht führt, wird für die meisten erst sichtbar, wenn Absalom in der Terebinthe hängt. Wohl dem, der dann von sich sagen kann, daß er mit Jesus dem rechtmäßigen Königssohn auf dem Thron Dawids nachgefolgt ist.

 

 

 

 

Abb. oben: Absalom verfängt sich in der Terebinthe; Schnorr v. Carolsfeld, gemeinfrei

Photos: © Geier

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