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Selber! oder: Mit dem Playboy unterm Weihnachtsbaum
12. Mai 2010
Rechnest du aber dies, o Mensch, der die solches Praktizierenden Richtende und dieselben Tätigende, daß du, ja du, dem Urteil des Gottes entfliehen wirst?
(Röm. 2, 3)
Comedy Central, der amerikanische Sender, der auch die Comicserie »South Park« produziert, hat beschlossen, eine Serie »JC« über Jesus zu drehen, die sich wahrscheinlich irgendwo zwischen den Parametern »geschmacklos« und »lästerlich« bewegen wird. Präsentieren sollen die halbstündigen Folgen einen »Jesus«, der in New York wohnt; was bisher an Details bekannt wurde, ist unanständig genug. So ist sie nun mal, die Welt. Interessant ist aber, wer da gleich aus den Löchern gekrochen kommt, um sich zu beschweren: William Donohue, Präsident der Katholischen Liga für Bürgerrechte und Religionsfreiheit, findet die Sache widerwärtig. Und er hat recht. Auffällig ist nur, daß er selbst ausgerechnet zu einer Truppe gehört, die sich seit vielen Jahrhunderten damit beschäftigt, obszöne Karikaturen von Jesus unters Volk zu bringen. Meint die RKK, ein Monopol auf lästerliche Jesuscomics zu haben? Fürchtet sie etwa nur die Konkurrenz?
Nachdem letztens der Eschborner evangelische Pfarrer Scheunemann im »Gottesdienst« zum Thema »Reges Verkehrsaufkommen« 120 Exemplare des »Playboy« verteilt hatte und auch sonst ziemlich grenzwertige Dinge verkündigt hat (so citierte er z. B. den Erzhäretiker Augustinus mit dem Satz »Liebe, und tu, was du willst«, den sich viele Gemeinden, die dem Evangelium der Regellosigkeit huldigen, sicher gern über den Eingang meißeln lassen würden), konnte es nicht lange dauern, bis die Evangelikalen ihm die kritische Publicity liefern würden, die er so gern haben wollte. Auch wieder besonders interessant, wer da kritisiert: Michael Kotsch distanziert sich in seinem Leserbrief an »idea Spektrum« von der Strategie, Menschen missionieren zu wollen, indem man sich der Welt und ihren Gepflogenheiten anpaßt:
»Menschen mit Gottes Liebe erreichen zu wollen, ist zweifellos ein anerkennenswertes Ziel. Ob man Menschen aber für Gott gewinnt, indem man eindeutig biblische Gebote über Bord wirft, darf bezweifelt werden.«
Richtig. Könnte ich glatt unterschreiben. Peinlich ist nur, daß Kotsch 2003 ein Buch zur Verteidigung eines »christlichen« Weihnachtsfestes geschrieben hat, indem er auf fast 250 Seiten exakt diese üble Strategie verteidigt: Genauso, wie der Eschborner Pfarrer pornographische Mittel benutzt, in der Meinung, man könne dadurch Menschen erreichen, »die nie auf die Idee kämen in eine Kirche zu gehen«, wie er diese Mittel als Aufhänger gebraucht, um das zu verkünden, was er für das Evangelium hält, stellt es Kotsch in seinem Buch als legitim dar, Götzendienst und heidnische Bräuche als »missionarische Möglichkeit« zu instrumentalisieren, indem man etwas fromme Sauce darüber ergießt. Stück für Stück referiert Kotsch die übelsten Greuel, um hier und da etwas zu finden, das man »christlich« (um)deuten könne. Nichts anderes aber hat der »Playboy-Pfarrer« gemacht. Wenn man seine Predigt und das Buch von Kotsch liest, muß man sagen: Die Denkvoraussetzungen, die Strategien sind exakt die gleichen. Kotsch will »Menschen durch Provokation zum Nachdenken anregen«, Scheunemann »riskieren, anfechtbare Dinge zu sagen, wenn dadurch nur lebenswichtige Fragen angerührt werden.« Kotsch will »positive weihnachtliche Emotionen mit christlichen Inhalten verbinden«, Scheunemann die positiven Emotionen, die mit dem Thema seiner Wahl verbunden sind, dazu nutzen, »mit der Schönheit und Liebe Gottes zu überraschen, zu zeigen, dass Gott so ganz anders ist, als sie bislang gedacht haben«. Wirklich nette Absichten allerorten, wenig Bereitschaft aber, in der Wahl der Mittel von Jesus zu lernen. Finis sanctificat media.
Also Jungs, setzt Euch mal mit dem Playboy unterm Weihnachtsbaum zusammen, Ihr werdet Euch prächtig verstehen: Brüder im Geiste seid ihr!
Was ist nun peinlicher? Wenn ein Comicsender einen frei erfundenen Jesus »verkündet« oder wenn eine Kirche dies tut, die sich als christlich bezeichnet?
Was ist bedenklicher? Wenn Pornographie als Evangelisationsvehikel eingesetzt wird oder wenn Götzendienst dazu herhalten muß?
Die Antwort gibt es demnächst:
Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christos offenbar werden, auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses.
(2. Kor. 5, 10)