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Was lange hält …
2. März 2011
»Was lange hält, das bringt kein Geld.« — Der folgende Film widmet sich der Frage, wie sehr diese alte »Kaufmannsweisheit« im letzten Jahrhundert das ingenieurtechnische Design von Produkten verändert hat. Ich hatte das Problem einiger fragwürdiger Umsatzsteigerungsmethoden bereits in der Geiernotiz zur »Abwrackprämie« angesprochen, der Film bringt aber eine viel detailliertere Beschreibung von Fällen der sogenannten »geplanten Obsoleszenz«, also des gewollten, planmäßigen Einbaus von Mängeln in Produkte, die bewirken, daß diese schneller verschleißen und eher ersetzt werden müssen. Damals, vor etwas mehr als zwei Jahren, hatte ich geschrieben:
Ich bin im bereits im Besitz von Geräten, in denen teure Teile mit einem eingebauten Verfallsdatum verbaut sind: Ein Chip sagt nach einer vordefinierten Laufzeit einfach: »Schluß!« — und das, obwohl das Gerät im mechanischen Sinne durchaus noch gut weiterlaufen könnte. Aber der Chip schaltet es ab. … Von Verbraucherschützern habe ich bisher dazu nichts gehört, auch nicht von den Ökologen, die ja sonst zu allem ihren Senf dazugeben, aber hier offensichtlich kein Problem sehen, wenn brauchbare Maschinenteile einfach weggeworfen und durch neue ersetzt werden.
Nun wird deutlich, daß hinter solchen Erfahrungen eine perfide Systematik steckt, die viel älter, erprobter und viel umfangreicher ausgebaut ist, als ich befürchtet hatte.
Das im Film aufgeführte Beispiel der künstlichen Begrenzung der Lebensdauer von Glühlampen wird übrigens auch in diesem taz-Artikel referiert.
Mit über einer Stunde Länge zwar ein Zeitfresser, ist der Film doch ein wertvoller Beitrag für jeden, der die Wirkmechanismen des gegenwärtigen Wirtschaftssystems besser verstehen will. Dabei kann man dem Film durchaus geistliche Denkanregungen abgewinnen. Man muß aus den präsentierten Fakten ja nicht die gleichen Schlüsse ziehen wie die Filmemacher, die den Film gegen Ende ein wenig in die ökologistische Richtung schieben. Aber man kann sich durchaus die Frage stellen, wieweit es möglich ist, sich dem Konsumterror zu entziehen, der ja nur teilweise dadurch aufrechterhalten wird, daß notwendige technische Geräte durch künstlich herbeigeführte Defekte viel zu häufig ersetzt werden müssen, teilweise aber eben auch dadurch, daß viele Konsumenten dieses Spiel bereitwillig mitspielen, da sie Gefallen daran finden, ständig durch neue Produkte »beglückt« zu werden. Nun ist es für die Gesinnung der Welt typisch, sich am Neuen zu besaufen (Apg. 17, 21), dem geistlichen Menschen ist aber geboten, sich mit dem zu begnügen, was notwendig ist (1. Tim. 6, 8). Die Rückbesinnung auf diese Tugend wäre die erste gute Anregung, die man dem Film entnehmen könnte. Man kann ihn aber auch gut zum Anlaß nehmen, über Arbeitsethik nachzudenken. So sollte es für uns selbstverständlich sein, in allen Geschäftsbeziehungen nicht vordergründig unser Eigeninteresse, sondern einen fairen Ausgleich zu suchen, ja womöglich mehr zu geben, als wir selbst empfangen. Das im Film vorgestellte Wirtschaftsprinzip der geplanten Obsoleszenz ist diesem geistlichen Grundsatz diametral entgegengeordnet: Im Grunde ist es eine getarnte Form von Diebstahl.
Nachtrag 6. 10. 11: Psychologische Obsoleszenz — Das Beispiel Apple
Photo: © Geier