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Mündige Christen


By Geier - Posted on 04 Dezember 2012

4. Dezember 2012

 

Immer mal wieder taucht der Begriff des »mündigen Christseins« auf, so zum Beispiel auch in einer Stellungnahme des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden zum Theologischen Seminar Elstal nach Äußerungen einer ehemaligen Studentin* — siehe auch hier — welche die zerstörerischen Auswirkungen der dortigen morbiden Theologie auf ihr Leben beklagt hatte:

Insbesondere weise man die Unterstellungen zurück, dass an dem Seminar ein »unbiblisches Gottesbild« vermittelt und die Glaubwürdigkeit der Bibel gezielt untergraben werde. Ziel des Theologiestudiums sei es nicht zuletzt, Menschen zu einem mündigen Christsein anzuleiten. 

Nun könnte man den Begriff des »mündigen Christen« zwar auch im Sinne einer Emanzipation von klerikalen Vorbetern verstehen, in diesem Sinne wird er in diesem Kontext aber gerade nicht gebraucht, ist doch der BEFG mit seinen Kaderschmieden in Elstal und Wiedenest selbst tief in Klerikalismus verstrickt: Diese speien ständig neue Absolventen aus, die hernach mehrheitlich nicht mehr arbeiten wollen, sondern sich »berufen« fühlen, sich für ihr Christsein bezahlen zu lassen. Allein dadurch entsteht ein erheblicher Druck auf die mit diesen Schulen verbundenen Gemeinden, diese Alumni denn auch zu absorbieren und hier mal eine neue Stelle für einen Jugendreferenten zu schaffen, dort mal einen halben Pastor anzustellen, irgendwann dann eine ganze Pfarrstelle draus zu machen (auch wenn man sich im BEFG natürlich schämt, wirklich Pfarrstelle dazu zu sagen — bei den Brüdergemeinden wahrscheinlich noch ein wenig mehr als bei den Baptisten, aber auch bei den »Brüdern« im BEFG zeitigt dieses leichte Unwohlsein keinerlei Auswirkungen in der Praxis; man hat längst einen strikten Verkirchlichungskurs eingeschlagen).

Der Begriff des »mündigen Christen« scheint dem modernen Menschen nun so selbstverständlich und neutral, daß kaum auffällt, daß er eigentlich eine Unmöglichkeit beschreibt. Denn der Begriff Mündigkeit kommt von Munt. Die Munt ist die Vollmacht eines Patriarchen, des Muntherrn, über seine Haushaltung. Mündig, also muntfrei ist, wer keiner Munt untersteht, wer also keinen Herrn hat, so z. B. ein Mann, wenn er das Haus seines Vaters verläßt, um einen eigenen Haushalt zu gründen — während Mädchen bei Heirat von der Munt-Verantwortung ihres Vaters in die Munt ihres Mannes übergehen um dort bis zu dessen Tod zu verbleiben (Röm. 7, 2). Zwar ist die Munt ein mittelalterlicher Begriff, das Muntsystem zeichnet das biblische Menschen- und Gesellschaftsbild jedoch deutlich besser nach als moderne Gesellschaftsentwürfe.

Da der Christos Muntherr (also Vormund) der Herausgerufenen[G] ist, ist diese folglich sein Mündel. Wenn also jemand ein »mündiges Christentum« fordert, fordert er zumeist ein »Christentum«, in dem der Christos nicht Herr ist. Wer nun mündig, also sein eigener Herr ist und damit zum Ausdruck bringt, daß er die Herrschaft des Christos ablehnt, kann aber per definitionem kein Christ sein. Die Forderung nach einem mündigen Christentum — das ist ein selbstbestimmtes, autonomes (selbst-gesetzgebendes), authentisches (selbst-vollbringendes), also ichhaftes »Christentum« — bedeutet letztlich, daß man im BEFG nicht einmal im Ansatz verstanden hat, was Christsein ist: Ein anpfahlen[G] der Herrschaft des Ich zugunsten der Herrschaft des Christos.

Wie man am Beispiel des Theologischen Seminars Elstal exemplarisch sieht, stellt sich der »mündige Christ« nicht unter das Wort Gottes, sondern darüber. Ahnherrin solch »mündiger Christen« ist das Weib Adams, das ja auch der Meinung war, alt genug zu sein, um selbst zu entscheiden, was gut und richtig sei, und schließlich gemeinsam mit der Schlange vollendete Tatsachen schuf, ohne sich zuvor bei ihrem Muntherrn zu vergewissern, ob sie das denn nun wirklich tun solle.

All diesen Mündigen sagt Jesus:

So ihr nicht gewendet werdet und werdet wie die Unmündigen, kommt ihr nicht hinein in die Regentschaft der Himmel. (Mt. 18, 3)

 

 

 

 * Die Vorwürfe dieser Studentin sind zwar schon etwas länger bekannt, gerade aber durch Veröffentlichung in der Zeitschrift »ethos« wieder in den Blick gerückt.

 

 

Zur Mehrdeutigkeit des Mündigkeitsbegriffes siehe auch den entsprechenden Eintrag im Glossar.

 

 

 

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