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Zahlenspiele: Eine ganze Menge ist auch ziemlich viel. Aber was sagt uns das?
16. Januar 2013
Wie täuscht man seine Leser, ohne formal etwas falsches zu sagen? Lernen wir von den Qualitätsmedien: Während in Paris am Sonntag mindestens 340.000 Franzosen gegen das Vorhaben Präsident Hollandes demonstriert haben, homosexuelle Verbindungen in jeder Hinsicht — das schließt das Adoptionsrecht ausdrücklich ein — der Ehe gleichzustellen, vermelden die Süddeutsche, NTV und andere Nachrichtenportale »zehntausende Demonstranten«. Natürlich: Wenn man von »mehr als drei«, von »Dutzenden« oder »ganz bestimmt nicht weniger als hundert« geschrieben hätte, wäre das im mathematischen Sinne auch nicht zu beanstanden gewesen, aber irgendwie verbindet der unvoreingenommene Leser mit solchen Zahlenangaben doch nicht gerade eine französische Hauptstadt, die von Demonstranten förmlich geflutet wird. Wenn ich wissen will, wie hoch der Eiffelturm ist, fühle ich mich mit der Auskunft »ein paar hundert Centimeter« jedenfalls nicht sonderlich solide informiert, ich könnte auch sagen: für dumm verkauft.
Die F.A.Z. hantiert immerhin mit den richtigen Zahlen: 340.000 nach Polizeiangaben, 800.000 nach Angaben der Veranstalter — die Wahrheit wird wohl irgendwo dazwischen liegen, auch wenn andere Schätzungen die Zahl der Demonstranten sogar weit jenseits der Millionengrenze sehen. Freilich haben die Frankfurter diese Zahlen auf Seite 6 der Printausgabe abgeschoben und aus dem Online-Auftritt der Zeitung die Sache sogar komplett herausgehalten — und das bei einer Demonstration, welche selbst die legendären Leipziger Montagsdemonstrationen von 1989 quantitativ übertroffen zu haben scheint. Die F.A.Z. mag solche Themen online nicht gern leiden, denn da hagelt es Leserkommentare, und wenn die ausgerechnet bei solchen Themen immer abgeschaltet oder gar zu rigide censiert werden, macht das auch keinen guten Eindruck in Bezug auf dieses Flaggschiff der Meinungs- und Pressefreiheit. Ein Online-Kommentar, der zum Thema Adoptionsrecht in wohlgesetzten Worten darauf hinweist, daß im »Deutschen Ärzteblatt« referierte Studien die Wahrscheinlichkeit des Kindesmißbrauchs durch homo- bzw. bisexuell Lebende gegenüber heterosexuell Lebenden bei 1.200 — 1.600 Prozent sehen, weshalb ein Adoptionsrecht für Homosexuelle doch ein recht gewagtes Construct sei, hat auf FAZ.net jedenfalls keine Chance.
Während Deutschland gerade die Wehrpflicht abgeschafft und durch einen freiwilligen Wehrdienst ersetzt hat, scheint man im Großen Europäischen Krieg gegen die Familie durchaus auch auf zwangsweise Kriegsdienstverpflichtete zu setzen. Das mußte gerade die britische Standesbeamte Lillian Ladele erfahren, die aus Gewissensgründen keine homosexuellen Partnerschaften beurkunden wollte und deshalb aus ihrer Stelle gedrängt wurde. 2008 hatte ein Londoner Gericht noch festgestellt, daß das Verhalten der Behörde ihr gegenüber diskriminierend gewesen sei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat nun gestern sowohl gegen Lillian Laudale entschieden als auch die Entlassung von Gary McFarlane bestätigt, einem englischen Paartherapeuten, der homosexuelle Paare nicht beraten wollte.