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Zwischen allen Stühlen
21. Mai 2010
»Intelligent Design« (ID) ist, grob vereinfacht gesagt, eine Sichtweise auf die Entstehung des Lebens, die davon ausgeht, daß die Strukturen, die wir in der Natur vorfinden, bei weitem zu komplex sind, als daß sie durch Selektion — also so, wie dies Darwin nahelegt — entstanden sein könnten. Überspitzt gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, daß durch Selektion eine so hochkomplexe Struktur wie z. B. ein Säugetier entstehen könnte, ist um Potenzen geringer als die Wahrscheinlichkeit, daß ein Hurrican über einen Schrottplatz fegt und dabei einen flugfähigen Airbus zusammensetzt.
So weit, so gut. Freilich sitzen die ID-Verfechter damit zwischen allen Stühlen: Kreationisten behagt nicht, daß zwar anerkannt wird, daß nur Intelligenz — also planvolles, zielgerichtetes Handeln — solche Strukturen hervorbringen kann, von ID jedoch keinerlei Aussagen dazu gemacht werden, welcher Art diese Intelligenz sei. Darwinisten wiederum sprechen dem Gedanken eines intelligenten Einflusses von vornherein jegliche Wissenschaftlichkeit ab, da allein die Voraussetzung eines übernatürlichen Eingriffes bei Entstehung des Lebens und der Arten nicht mit wissenschaftlichen Methoden überprüfbar sei (womit sie Intelligenz also von vornherein als »übernatürlich« definieren*, was die Frage provoziert, ob Darwinisten sich dann selbst als intelligente — und damit übernatürliche — oder doch lieber als natürliche — und damit unintelligente Wesen betrachten).
Wie auch immer man also zu ID stehen mag: Fest steht, daß von freier Forschung nicht die Rede sein kann, wenn bestimmte Möglichkeiten von vornherein tabuisiert werden. Genau das aber findet derzeit im Wissenschaftsbetrieb statt: Wer auch immer es wagt, die Möglichkeit auch nur vage in Betracht zu ziehen, daß planvolle Intelligenz nötig war, uns und unsere Umwelt entstehen zu lassen, wird massiv ausgegrenzt. Das geht bis dahin, daß Wissenschaftler ihren Job verlieren, die ID-Vertreter nur erwähnt haben. Selbst eine kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ID wird gemieden, der Dialog strikt verweigert; man möchte die ganze Angelegenheit lieber totschweigen. Wer über ID nachdenkt, ist bemakelt, mit dem redet man nicht mehr.
Das hat dazu geführt, daß es Wissenschaftler gibt, die zwar täglich anhand ihres Forschungsgegenstandes sehen können, daß dieser nicht zufällig entstanden sein kann und dies auch anerkennen, aber nicht wagen, darüber zu sprechen. Es ist eine Atmosphäre entstanden, wie ich sie noch aus der DDR kenne und wie sie so typisch für sozialistische Diktaturen ist: Die private Überzeugung einer zunehmenden Zahl von Menschen ist aus begründeter Angst vor Repressionen von ihrem öffentlich sichtbaren Leben abgekoppelt. Freiheit von Forschung und Lehre, ja eine freie Gesellschaft überhaupt, sieht anders aus.
Der Film »Expelled — Intelligenz streng verboten« von Dreilindenfilm hat sich dieser Problematik angenommen und zeigt die Mechanismen auf, mit denen ID-Vertreter aus dem Wissenschaftsbetrieb herausgedrängt werden. Dabei wird offensichtlich, daß Darwins Thesen über die Entstehung der Arten, die dieser selbst aus gutem Grund als Theorie angesehen hat, heute de facto als Dogma gehandelt werden, als unumstößliche Tatsache, die über jeden Zweifel erhaben sei. Demzufolge wird jeder, der hierzu kritische Anmerkungen vernehmen läßt, mit dem Eifer der Rechtgläubigen als Häretiker verfolgt. Wer heute — nicht unbedingt aus religiösen, sondern aus wissenschaftlichen Gründen heraus — am Darwinismus zweifelt, wird nicht besser behandelt, als wer wegen wissenschaftlicher Gründe an der menschlichen Verursachung des Klimawandels zweifelt oder gar an der Erderwärmung selbst.
Damit aber wird der Wissenschaft in einem Teilbereich vorgeschrieben, welche Ergebnisse sie zu erbringen habe: Richtig darf nur noch sein, was Darwin bestätigt, was immer aber dazu angetan sein könnte, dessen Theorie in Frage zu stellen, wird vorab als falsch definiert und ohne weitere Prüfung verworfen. Eine solche Art von »Wissenschaftlichkeit«, bei der das Wollen die Ergebnisse vorab festlegt, nennt man Lyssenkoismus.
Der Genetiker Wolf-Ekkehard Lönnig sagt dazu: »›Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei‹ lesen wir im Grundgesetz. Tatsächlich wird jedoch die freie Forschung und Lehre von totalitären Darwinisten nicht nur in den USA, sondern auch im deutschsprachigen Raum massiv bedroht. Der Film stellt die Machenschaften solcher Feinde der Wissenschaft in sachlicher und ruhiger Weise bloß. Man kann sich nur wünschen, daß möglichst viele Menschen diesen Film über die ernsthaft bedrohte Freiheit der Forschung und Lehre zu sehen bekommen.«
Inzwischen ist der Film »Expelled« selbst zum Ziel feindseliger Anmerkungen geworden. Besonders erbost es einige Kommentatoren, daß auch eines der unrühmlichsten Kapitel des Darwinismus gestreift wird: Der offensichtliche Zusammenhang zwischen Darwins Selektionslehre und der aktiven Auslese kranker Menschen, wie sie im zwanzigsten Jahrhundert von Eugenikern in vielen Ländern betrieben wurde. Dr. David Berlinski stellt diese Beziehung im Interview so dar: »Natürlich muss man hier historisch gesehen sehr vorsichtig sein. Selbstverständlich wurde nicht jeder, der Darwin las, zum Nazi. Das behauptet auch niemand. Darwinismus ist keine hinreichende Bedingung für ein Phänomen wie Nazismus, aber es ist sicherlich eine notwendige.«
»Expelled« spricht aber noch ein weiteres darwinistisches Tabuthema an: Bis heute gibt es keine brauchbare Theorie, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügt und beschreiben würde, wie aus anorganischer Materie belebte Zellen entstanden sind. Darwins Theorie beginnt ja erst bei der Entstehung der Arten — also bei der angeblichen Weiterentwicklung der Lebewesen. Wie das Leben aber entstanden ist, können Darwinisten nicht erklären, was ihrem Selbstbewußtsein freilich keinen Abbruch tut. Im Film werden führende Darwinisten mit dieser Frage konfrontiert und kommen aufs trefflichste ins Schwimmen, und in ihrer Erklärungsnot müssen da sogar schon mal Außerirdische als Argumentationshilfe herhalten. Das wiederum scheint — im Gegensatz zu ID — völlig unproblematisch als wissenschaftlicher Ansatz durchzugehen. Die Darwinisten haben im wissenschaftlichen Diskurs zwar die Macht, aber offensichtlich keine Ahnung.
Fazit: Auch wenn man ID als Kreationist kritisch gegenübersteht, weil man die Aussage, daß die Entstehung des Lebens ohne intelligentes Planen undenkbar ist, für zu unscharf hält, um wirklich brauchbar zu sein, kann man dem Film doch eine Menge nützlicher Informationen entnehmen. Kreationisten können sich einen guten Überblick über die Argumentationsmuster der Darwinisten verschaffen, ID-Vertreter werden den Film sowieso lieben und Darwinisten können den Film zum Anlaß nehmen, einmal darüber nachzudenken, welche Glaubensleistung ihnen ein Denkschema abverlangt, das zwar seinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit mit Klauen und Zähnen verteidigt, tatsächlich aber in seinen Fundamenten auf Annahmen und unbewiesenen Behauptungen fußt. Kurzum: Ein Film für jeden. Im Fernsehen wird dieser Film wohl trotzdem nicht gezeigt werden, aber man kann ihn kaufen. Im Moment legt der Verlag der DVD als Bonus ein broschiertes Exemplar meines Aufsatzes »Von Darwin zum Lebensborn« bei.
Bei Dreilindenfilm gibt es übrigens auch weitere sehenswerte Filme zu controversen Themen, zum Beispiel über Abtreibung.
* »Creationism, intelligent design, and other claims of supernatural intervention in the origin of life or of species are not science because they are not testable by the methods of science.«
aus: Science and Creationism: A View from the National Academy of Sciences. National Academy of Sciences (1999).
Siehe auch: »… für die Rasse des Menschen im höchsten Grade schädlich« — Von Darwin zum »Lebensborn«