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Prof. Dr. R. H. Edenharder · »Der Zehnte in der Bibel und in Freikirchen«


By Geier - Posted on 14 April 2012

14. April 2012

Prof. Dr. Rudolf H. Edenharder
»Der Zehnte in der Bibel und in Freikirchen«
Dogma, Tabu und die Folgen

200 Seiten
Gloryworld-Medien Bruchsal, 2009
€ 12,00
ISBN  978-3936322415

 

Man kann das Thema »Zehnter« knapp im Stil einer Predigt abhandeln, so wie ich dies hier getan habe. Man kann aber auch ein umfangreiches Werk schreiben, das sämtliche Façetten beleuchtet, die Bibel und Kirchengeschichte dazu hergeben. Beides hat seine Berechtigung. Prof. Edenharder hat sich für die zweite der Möglichkeiten entschieden, und legt mit seinem Buch zum Zehnten ein umfassendes Lehrgebäude vor, das selbst dann noch spannend ist und wertvolle Ergänzungen zur Sache bietet, wenn man sich mit dem Thema schon näher auseinandergesetzt hat.

Ohnehin bekommt es geistlichen Themen in der Regel recht gut, wenn sie einmal nicht Theologen, sondern Naturwissenschaftlern in die Hände fallen: Die größere Distanz erlaubt einen Blick, der weniger durch die üblichen Vorurteile des Fachbereichs getrübt ist. Ein solcher Glücksfall ist das Buch »Der Zehnte in Bibel und Freikirchen« des Chemikers und Medizintheoretikers Rudolf Edenharder.

Während die Volkskirchen in Deutschland hauptsächlich steuerfinanziert sind und das Thema »Zehnter« bequem ausblenden können, erwarten viele Freikirchen heute von ihren Mitgliedern mit großer Selbstverständlichkeit, den Zehnten zu geben. Aber auch hier wird kaum systematisch über das Thema gelehrt. Wird es doch erwähnt, liegt die Lehre in den Händen derjenigen, die ein sehr persönliches Interesse an der Perpetuierung des Status quo haben: in den Händen der Hauptamtlichen, die selbst wirtschaftlich abhängig vom Zehnten sind. Das ist eine denkbar schlechte Voraussetzung für eine unvoreingenommene Erörterung der Sache. So scheint der Zehnte auf der einen Seite in vielen Gemeinden zwar ein unumstößliches Dogma zu sein, auf der anderen aber ein Tabuthema, über das entweder der Mantel des Schweigens gebreitet oder das mit dünnen Begründungen als Selbstverständlichkeit hingestellt wird, an der nicht zu rütteln sei. Wenn aber etwas selbstverständlich erscheint, unterbleibt oft die Mühe einer sauberen biblischen Herleitung. Wird das Thema »Zehnter« doch behandelt, so geschieht das nicht selten auf manipulative Art und im berechtigten Vertrauen auf die mangelnde Schriftkenntnis der Zuhörer.
Professor Edenharder hilft diesem Mangel ab, indem er buchstäblich allen Spuren in dieser Sache nachgeht: Zunächst geht er ausführlich auf jede einzelne Stelle in Altem und Neuem Testament ein, die etwas zum Zehnten zu sagen hat. Dort, wo die Gefahr besteht, daß Schriftverweise bei isolierter Betrachtung zu falschen Schlüssen führen könnten, erklärt er sie in dem Kontext, den die Gesamtschau des biblischen Befundes bietet, was zum Beispiel zu einer erstaunlichen Neugewichtung der bekannten Verse aus Maleachi 3 führt, die in diesem Zusammenhang sonst zwar häufig zitiert, aber selten richtig eingeordnet werden. Betrachtungen zur kirchengeschichtlichen Entwicklung, die Erörterung der urgemeindlichen und der aktuellen freikirchlichen Praxis sowie die Diskussion der Auffassungen anderer Autoren schließen sich an.

Sehr gut arbeitet Edenharder den Zusammenhang zwischen gängiger Zehntenpraxis und dem Eindringen weltlicher Machtstrukturen in die Herausgerufene[G] heraus. An dieser Stelle hat das Buch freilich auch einen ersten Schwachpunkt, da Edenharder in Bezug auf Autoritätsstrukturen eine Analogie zwischen den Machtverhältnissen in der Ehe und der Herausgerufenen behauptet ohne dabei den fundamentalen Unterschied zu berücksichtigen, daß Gott erstere hierarchisch geordnet hat, zweitere aber nicht. Zweiter Schwachpunkt: Zu der insgesamt sehr genauen Analyse des Themas »Zehnter« stehen die teilweise verwendeten sehr ungenauen Bibelübersetzungen — bis hinab zu »Amplified Bible« und »Guter Nachricht« — in einem auffälligen Kontrast. Hier hätte man dem guten Handwerker besseres Werkzeug gewünscht.

Auch der wichtige Zusammenhang zwischen der Erhebung des Zehnten und dem System des Kerikalismus wird dargestellt, wenngleich Edenharder den Schwerpunkt anders setzt als ich das getan habe: Hauptamtliches Christentum scheint für ihn eher eine weniger dramatische Begleiterscheinung der Zehntenlehre zu sein, während ich die Zehntenlehre eher als Beiwerk des weitaus größeren Problems Klerikalismus sehe.

Eine ganz besondere Überraschung, ein fulminanter Schlußakkord sozusagen, erwartet den Leser im Anhang: In einem kurzen Artikel über den Entropiesatz als naturwissenschaftliches Spiegelbild der Sünde entfaltet Edenharder eine knappe geistliche Einordnung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik. Auf den ersten Blick scheint dies nicht in einem zwingenden Zusammenhang mit dem Thema des Buches zu stehen, ist davon abgesehen aber ein großer Gewinn für den Leser, der hier sieht, mit welcher Liebe zum Detail Gott die geistlichen Gesetzmäßigkeiten, die uns in der Schrift erklärt werden, auch in die Naturgesetze hineingelegt hat.

Wer sich mit dem Zehnten und seiner Verankerung im Neuen Bund gründlich auseinandersetzen will, wird an Edenharders Buch schwerlich vorbeikommen. Im deutschen Sprachraum gibt es meines Wissens kein zweites Werk, das dieses Thema in dieser Ausführlichkeit darstellt.

Wer das Buch ab Mitte der Woche direkt beim Verlag bestellt, bekommt bei Auslieferung bis auf weiteres zusätzlich kostenlos ein Exemplar meiner (eingangs verlinkten) Schrift zum Zehnten »Im geringsten treu« beigelegt.

 

 



Photo: © Geier

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