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»Von der Sowjetunion lernen …« — Lyssenko und Schellnhuber


By Geier - Posted on 27 März 2013

27. März 2013

 

Ein Samstagmorgen, Ende März. Nachdem ich mich mit dem Fahrrad durch letzte ungünstig auf dem Weg positionierte Schneehaufen gewühlt habe, stehe ich in schneidender Kälte beim Bäcker an. Dieser beherrscht noch die seltene Kunst, DDR-Brötchen zu backen, entsprechend lang ist die Schlange. Ich bin kurz davor, ins Tiefkühlkoma zu fallen und wärme mich an den Worten eines der obersten deutschen Klimawandel-Schamanen, Mojib Latif, der vor 13 Jahren im Spiegel prophezeit hatte: »Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben.«
Latif ist Sohn des Ahmadiyya-Islam-Missionars Chaudhry Abdul Latif, und auch er ist ein religiöser Eiferer — freilich nicht in Sachen Ahmadiyya, sondern im Dienst der Klimareligion, als deren freundliches Aushängeschild er durch deutsche Talk-Shows tingelt. Und, wie eingangs gesehen, betätigt er sich nicht nur als Missionar, sondern auch als Prophet, wenn auch mit kläglichen Ergebnissen. Wahrscheinlich, wenn man ihn heute auf das Interview aus dem Jahr 2000 anspräche, würde er auf eines der wichtigsten Dogmen der Klimawandelreligion verweisen: Wenn es besonders kalt ist, ist das nur das Wetter, ist es aber mal besonders warm, ist das natürlich das Klima.

Für solche Unterordnung wissenschaftlicher Erkenntnisse unter die Wunschvorstellungen der Politik gibt es eine Bezeichnung: Lyssenkoismus. Die Wikipedia vermerkt: »Wer den Ausdruck heute benutzt, meint im breiteren Kontext die Kontrolle der Wissenschaft durch die Politik.«

Trofim Denissowitsch Lyssenko war sowjetischer Biologe und Agronom am Allunionsinstitut für Genetik und Zuchtverfahren in Odessa. Nachdem das Zentralkomitee der KPdSU 1931 beschlossen hatte, daß innerhalb weniger Jahre alle in der UdSSR angebauten Getreidearten verbessert und an die verschiedenen Böden und klimatischen Bedingungen aller Anbaugebiete in der Sowjetunion angepasst werden sollten, kündigte Lyssenko 1936 auf der Konferenz der sowjetischen Akademie der Landwirtschafts-Wissenschaften an, dies in kürzester Zeit erreichen zu können. Er verwarf die Erkenntnisse der Genetik und verstieg sich zu der Behauptung, es gäbe gar keine Gene (diese hielt er für »unsozialistisch«) und man könne verschiedene Getreidesorten ineinander umwandeln, indem man die Kulturbedingungen veränderte. So sei es zum Beispiel möglich, durch Steuerung der äußeren Einflüsse aus Weizenkörnern Roggenpflanzen zu ziehen. Korn und Südfrüchte versprach er in sibirischer Kälte. Protegiert und öffentlich unterstützt wurde er dabei von Stalin.

Einige Jahre vor Lyssenko hatte schon der österreichische Biologe Paul Kammerer versucht, die lamarcksche These, daß durch Umwelteinflüsse erworbene Eigenschaften weitervererbt würden, durch Forschungen zu untermauern. Er war der Meinung, daß zum Beispiel gute Erziehung das Erbgut der Heranwachsenden verändern und so künftigen Generationen zugute kommen würde. Seine eigene Erziehung muß Mängel aufgewiesen haben: Die Experimente an Geburtshelferkröten, mit denen er seine Thesen beweisen wollte, erwiesen sich später als gefälscht. Fälschungen wurden auch Lyssenko nachgewiesen, allerdings wagten andere Wissenschaftler erst lange nach Stalins Tod, dies öffentlich zu machen. Der Schaden war da schon längst angerichtet: Die Landwirtschaft der Sowjetunion hatte erheblich gelitten, durch Lyssenkos Experimente wurden Hungersnöte in der Sowjetunion nicht gelindert, sondern verschärft. Auch die Landwirtschaften anderer Ostblockstaaten wurden in Mitleidenschaft gezogen, denn wie verkündete damals die sozialistische Propaganda: »Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen«.

Was hat Lyssenko mit dem Wahn zu tun, der Mensch könne durch Manipulation von 0,0000094 Prozent des Luftvolumens das Klima beeinflussen? Wer sich mit der Gründung des IPCC, des Intergovernmental Panel on Climate Change (deutsch: Zwischenstaatlicher Ausschuß für Klimaänderungen) beschäftigt, wird feststellen, daß dies, wie schon der Name sagt, keine wissenschaftliche Organisation ist, sondern eine rein politische Einrichtung zur Wissenschaftsverwertung, ja zur zielgerichteten Politisierung der Klimaforschung — Lyssenkoismus per definitionem also. 

Wie Lyssenko als Stalins Landwirtschaftsberater von diesem protegiert wurde, genießt Mojib Latifs College Hans Joachim Schellnhuber als »Wissenschaftlicher Chefberater der Bundesregierung in Fragen des Klimawandels und der internationalen Klimapolitik« politische Protektion. Freilich konnte Lyssenko mit sieben Leninorden glänzen, Schellnhuber muß sich bisher mit dem britischen »Honorary Commander of the Most Excellent Order of the British Empire« und dem Verdienstorden des Landes Brandenburg begnügen.

Wie Lyssenko die Existenz von Genen verleugnet hat, leugnet Schellnhuber die natürlichen Ursachen für die natürliche Schwankungsbreite des Klimas.

Lyssenko konnte Stalin dadurch gewinnen, daß er im Gegensatz zur seriösen Wissenschaft konkrete Schritte anbot, die gangbar erschienen, um die landwirtschaftlichen Erträge in absehbarer Zeit zu steigern. Auch Schellnhuber kommt mit der absurden Theorie einer Klimafixierung durch Begrenzung des CO2-Ausstoßes der politischen Machbarkeitshybris entgegen: Der Mensch ist nicht mehr den Umständen ausgeliefert, er gestaltet sie. 1971 hieß es in einer Rezension zu Shores A. Medwedjews Buch »Der Fall Lyssenko«, dieser sei »ein Mann, der daran festhielt, der Veränderung der Natur durch den Menschen seien keine Schranken gesetzt«, eine Aussage, die eins zu eins auf die Adepten der Klimareligion zutrifft.

So wie die ideologische »Wissenschaft« Lyssenkos die Nahrungsversorgung in der Sowjetunion erheblich schwächte, setzen die Klimaideologen heute die Energieversorgungssicherheit aufs Spiel — die nicht weniger lebensnotwendig ist. Sowohl Lyssenko als auch Schellnhuber setzen ihre »Wissenschaft« zielgerichtet als Druckmittel zu einem Gesellschaftsumbau ein. Bei Lyssenko war dies die Kollektivierung der Landwirtschaft, bei Schellnhuber reichen die Auswirkungen der angestrebten CO2-Reduktion buchstäblich in alle Lebensbereiche hinein.

Der Vergleich der Fälschungen von Kammerer und Lyssenko mit der legendären manipulierten Hockeystick-Kurve, die einen Temperaturanstieg plakativ darstellen soll, drängt sich auf. Doch wie in der Sowjetunion die Wissenschaftler, die Lyssenkos Doktrin kritisch gegenüberstanden, diskreditiert wurden, so werden auch heute Wissenschaftler, die sich der Klimahysterie verweigern, systematisch als sogenannte »Klimaleugner« marginalisiert.

Als Mao mit dem »Großen Sprung nach vorn« ab Ende der fünfziger Jahre die chinesische Volkswirtschaft auf Jahrzehnte ruinierte, trugen Lyssenkos Methoden ihren Teil zum Ruin der chinesischen Landwirtschaft bei. Der »Große Sprung nach vorn« heißt heute »Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation« und wird von Schellnhuber in einer »Zusammenfassung für Entscheidungsträger« eingefordert. Tatsächlich: Nicht etwa nur eine große Transformation, sondern buchstäblich die Große Transformation, mit großem »G« geschrieben wie Maos »Großer Sprung«. Wer mit Mao springen mußte, ist freilich hart aufgekommen, für Millionen Chinesen endete dieser Sprung tödlich. Die Tragik lyssenkoistischer Weichenstellungen besteht darin, daß ihre Enttarnung zwar unausweichlich ist, mitunter aber Jahrzehnte braucht.

 

 

 

 

 

Siehe auch: »Wissenschaft vom Feinsten«

 

 

 


Photo: © Geier

 

 

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