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Der Weg, die Wahrheit und das Leben
13. März 2009
oder: Über den Nutzen etymologischer Betrachtungen
Wehe denen, die das Böse gut heißen, und das Gute böse; welche Finsternis zu Licht machen, und Licht zu Finsternis; welche Bitteres zu Süßem machen, und Süßes zu Bitterem!
(Jes. 5, 20)
Einige der Probleme, die ich bereits am 10. Februar und am 17. Februar angesprochen hatte, lassen sich vertiefen in Dr. L. Gassmanns Schrift »Diktatur Europa? — Was darf man in Europa noch sagen«, (Mabo-Verlag, 80 Seiten, 5,80 €; im Buchhandel, beim Verlag oder direkt beim Verfasser erhältlich). Hier wird übersichtlich und faßlich dargestellt, auf welche Weise die Europäische Union sich von einer Wirtschaftsunion zu einer Gesinnungsunion — und damit zu einer Meinungsdiktatur — entwickelt.
Ein wesentliches Instrument dazu sind die Antidiskriminierungsrichtlinien und -gesetze auf europäischer und nationaler Ebene, die in ihrer Konsequenz darauf hinauslaufen können, das Christentum zu kriminalisieren. Denn wenn jemand verkündigt, daß allein Jesus der Weg ist (Joh. 14, 6), bedeutet dies natürlich, daß alle andern Wege in die Irre führen. Hierdurch könnten sich aber solche diskriminiert fühlen, die sich für eben diese anderen Wege entschieden haben. Und wenn jemand bestimmte menschliche Verhaltensweisen anhand der Schrift als Verfehlung bezeichnet, so kann dies bereits heute in Europa als Diskriminierung mit Haft bis zu vier Jahren bestraft werden. Dr. Lothar Gassmann hat dazu geschrieben:
»In Schweden wurde im Herbst 2002 mit großer Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, welches unter anderem für kritische Äußerungen über Homosexualität oder Homosexuelle eine Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren vorsieht. Dies soll auch dann gelten, wenn sich derjenige, der sich kritisch zur Homosexualität äußert, auf Bibelstellen beruft, wie z. B. auf Römer 1, 26; 1. Korinther 6, 9 — 11 und andere. Die Bibel soll wohl noch zitiert werden dürfen, aber — und dies ist der springende Punkt — sie soll nicht mehr als auch für unsere Zeit verbindliches Wort und Gebot Gottes ausgelegt und verkündigt werden. Sie soll also zum historischen Archiv herabgesetzt … werden.«
(Hervorhebungen durch den Geier)
Wir sehen an diesem Beispiel, auf welche Weise hier die Bibel zu einem bedeutungslosen Geschichtsdokument herabgewürdigt werden soll. Dies paßt durchaus zur Verfahrensweise in (anderen) sozialistischen Diktaturen, wo ja auch oft die Bibel als Buch nicht direkt verboten war, wohl aber Leben und Verkündigung gemäß der Bibel kriminalisiert wurde.
Diskriminierungsverbote könnten nun auf europäischer Ebene zu einer scharfen Waffe geschmiedet werden, um die Meinungsfreiheit faktisch abzuschaffen. Um dies zu rechtfertigen, wird Diskriminierung einseitig als Herabwürdigung und Verächtlichmachung dargestellt. Tatsächlich aber bedeutet das dem Wort zugrundeliegende lateinische »discriminare« nichts anderes als »unterscheiden«, »trennen« (vgl. auch »discernere«: »absondern«, »trennen«, »abscheiden«).
Und hier sind wir mitten in einen geistlichen Kernbereich hineingeraten: Denn das Unterscheiden und Auseinandertrennen des Verwirrten und Durcheinandergeratenen ist die zentrale Aufgabe des Wortes Gottes und damit auch der christlichen Verkündigung:
Denn das Wort Gottes ist lebendig, wirksam und schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Teilung (Unterscheidung!) von Seele und Geist, sowie von Gelenken als auch Mark; es ist Richter der Überlegungen und Gedanken des Herzens. (Hebr. 4, 12)
Jedes geistliche Wort, so es denn schriftgemäß ist, muß zwangsläufig diskriminierend in diesem eigentlichen Wortsinne sein, nicht weil es etwa herabwürdigend wäre, sondern weil es die Aufgabe des Unterscheidens, des Teilens und Trennens hat. Und auch die Absonderung von der Lebensweise dieser Welt gehört zu den zentralen, unaufgebbaren Charakteristika geistlichen Lebens:
»Darum gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen.« (2. Kor. 6, 17)
»Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Denkens, daß ihr prüfen (unterscheiden!) möget, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.« (Röm. 12, 2)
In diesem letzten Vers wird sowohl die Absonderung (discernere) angesprochen als auch das Prüfen, das ja ein Unterscheiden (discriminare) voraussetzt.
Das Diskriminierungsverbot zielt also letztlich darauf, die Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht, gut und böse, richtig und falsch zu verbieten.
Hierdurch ergeben sich paradoxe Situationen: Denn der Richter, der z. B. einen Christen verurteilt, weil dieser Homosexualität als Sünde bezeichnet hat, diskriminiert diesen Christen im Wortsinne ja auch: Er beurteilt diesen, er trifft eine Unterscheidung, indem er festlegt, ob dieser im Sinne der Landesgesetze als schuldig oder unschuldig zu gelten habe. Nichts anderes aber hat der Christ zuvor getan: Er hat ein Urteil gefällt, eine Unterscheidung getroffen, nämlich ob Homosexualität gemäß dem Gesetz, dem er unterstellt ist — dem Wort Gottes — legitim ist oder nicht, und genau wie der Richter hat er das Ergebnis seiner Beurteilung verkündigt. So der Richter den Christen aber verurteilt, diskriminiert er diesen auch in dem Sinne, daß er ihn — bzw. das Gesetz Gottes — herabwürdigt. Denn er bringt damit zum Ausdruck, daß das Staatsgesetz besser sei als das Gesetz Gottes, daß es über diesem stünde und daß das Gesetz Gottes demzufolge minderwertig wäre.
Dabei wechseln die Bewertungsmaßstäbe des weltlichen Rechts unablässig. Während Homosexualität vor kurzem noch strafbar war, ist sie momentan nicht nur zulässig, vielmehr wird heute selbst die Kritik daran zur Straftat erklärt. Heute ist Pädophilie noch strafbar, morgen könnte schon die »Diskriminierung« von Pädophilen strafbar sein, denn genauso, wie vor wenigen Jahrzehnten Lobbyarbeit zur Legalisierung der Homosexualität getrieben wurde, wird heute (unter dem Vorwand der »sexuellen Selbstbestimmung«) schon offen für die Legalisierung von Pädophilie geworben. Derselbe Richter, der heute einen Pädophilen verurteilt, könnte also schon bald einen Christen verurteilen, der Pädophilie kritisiert. Der Staat wechselt die Seiten: Was er heute selbst noch hart bestraft, verteidigt er morgen schon gegen bloße Kritik. In Deutschland ist Abtreibung formal noch rechtswidrig, besonders scharfe Kritiker aber, die auf eben diese Rechtswidrigkeit hinweisen, werden bereits heute — innerhalb desselben Rechtssystems — bestraft. In Südafrika ist man schon weiter: Hier kann man nicht etwa für die Durchführung, sondern für die Verhinderung einer Abtreibung mit Gefängnis bestraft werden (nach Dr. Gassmann lt. UCA-News Kapstadt)!
Es ließen sich noch weitere Beispiele anführen, wo durch Änderungen am Rechtssystem Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern definiert wurden. Es ist offensichtlich, daß Christen, die unveränderlichen Wertmaßstäben unterstehen, diese Volten nicht mitvollziehen können. Seit Jahrtausenden geraten sie dadurch in Konflikt mit den ständig wechselnden Rechtsvorstellungen der Gesellschaften, in denen sie leben. Wenn sie aber diesem Konflikt ausweichen und aufhören, Hüter des Wortes Gottes zu sein, verlieren sie ihr Unterscheidungsvermögen — und damit auch ihre Daseinsberechtigung. Dann wäre niemand mehr da, der das Böse böse nennt und das Gute gut, der Finsternis als dunkel bezeichnet und Licht als hell, der Bitteres bitter nennt und Süßes süß.