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Virtueller Alarm
14. Februar 2009
Nachdem es mit der Erderwärmung einfach nicht so recht klappen will, muß ein neues Gefahrenscenario her, mit dem man Angst schüren kann. Denn Angst, richtig eingesetzt, ist Geld. Das haben die Alchimisten nur noch nicht gewußt, die Gold partout aus Stroh spinnen oder aus anderen Materialien herstellen wollten. Ausgerechnet das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, sattsam bekannt aus der Erderwärmungsdebatte und sehr erfahren in der Umwandlung diffuser Klimaängste in Fördergelder, legt nun eine Studie vor, die vor der »Versauerung der Meere« warnt, natürlich wieder mit Zahlen und Prognosen, die niemand widerlegen kann, weil sie so weit in die Zukunft reichen, daß sie sich jeglicher Überprüfbarkeit innerhalb der beschränkten Lebensspanne, die dem Menschen nun einmal gegeben ist, entziehen. Selbst die F.A.Z., die das ganze wohlwollend berichtet, sieht hier erst einmal nur eine »virtuelle Gefahr«.
Nun ist allein der Begriff »virtuelle Gefahr« schon preisverdächtig und mein ganz persönlicher Kandidat für all diese Wort- oder Unwort-des-Jahres-Wahlen, die bestimmt bald wieder durch die Zeitungsspalten geistern. Während vergangene Generationen sich noch realer Bedrohungen erwehrt haben — Kriege, Hunger, Pest und Cholera — gibt es für die Generation, die es sich via MySpace, Second Life und Google im virtuellen Leben eingerichtet hat, mittlerweile auch die passenden virtuellen Gefahren. Und wie an den alten Kriegen ein paar Bankiers, an den alten Hungersnöten ein paar Wucherer und an den alten Seuchen ein paar Schamanen kräftig verdient haben, so sind auch die virtuellen Gefahren für eine erlesene Minderheit eine Lizenz zum Gelddrucken. Na ja, jedenfalls wissen wir jetzt, wie — nach »neuer Eiszeit«, »Waldsterben«, »Ozonloch« und »Erderwärmung« — die nächste Sau heißt, die durchs (virtuelle) Dorf getrieben wird: »Ozeanversauerung«. Das Wort kann man sich schon mal merken.
Nachtrag 15. 2. 2010: Fast auf den Tag genau ein Jahr nach obigem Eintrag hat nun auch der Focus die Geschichte ausgegraben, und schon scheint der Alarm weniger virtuell und hat deutlich panischeren Charakter. Kein Wunder: »Modellscenarien« hätten ergeben, daß sich vor 55 Millionen Jahren die Erde von 18 auf 23 Grad erwärmt habe, was zu einer Untersättigung an Kalziumkarbonat im Meerwasser geführt habe. So, so, Modellscenarien. Die erinnern mich ja stark an die Computerorakel des IPCC. Ökovoodoo. Nicht wissen, ob es nächste Woche regnet, aber als Wissenschaft verkaufen, daß vor 55 Millionen Jahren (und nicht etwa vor 49 oder 57 Millionen Jahren) die Erde sich um 5 Grad erwärmt habe. Nicht um dreieinhalb, nicht um sieben, nein, um fünf Grad. Und nicht von 19 auf 24, sondern genau von 18 auf 23.
Ach so, …
… wer war damals eigentlich an der Erderwärmung schuld? Zuviel Industrie und Verkehr im Eozän?
Abb.: Richtig sauer? Das Meer!
© Geier