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Über Recht und Unrecht


By Geier - Posted on 11 Februar 2012

11. Februar 2012

 

Am Donnerstag wurde Axel Hüls zu einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Ein Leser der Geiernotizen hat die Verhandlung in Lüneburg verfolgt. Es ist grundsätzlich anzuerkennen, daß Axel Hüls vom Gericht im Rahmen des Möglichen fair behandelt wurde. Im Rahmen des Möglichen heißt hier: Ein Richter kann natürlich nicht gemäß Bibel rechtsprechen, sondern nur nach den Gesetzen der Bundesrepublik. So wurde die gemeinsame Flucht von Axel, Jonas, Benjamin, Miriam und Lisa Hüls als »Kindesentziehung« verurteilt, die Tatsache, daß der Vater hierzu Dokumente der Kinder an sich nehmen mußte, als »Einbruchsdiebstahl«. Aber Richter Thomas Wolter hat sich gemüht, auch die geistlichen Beweggründe, die Hüls für sein Handeln vorgebracht hat, anzuhören, zu erörtern und zu gewichten. Die Zwangslage, in der er sich befunden hat — innerhalb des civilrechtlichen Rahmens hatte er keine Möglichkeit mehr, in angemessener Weise für seine Kinder zu sorgen — wurde bei der Bemessung des Strafmaßes eingerechnet, das jetzt immerhin ein Jahr weniger beträgt, als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Der theoretisch mögliche Strafrahmen reichte von der Verhängung einer Bewährungsstrafe bis hin zu einer Haftstrafe von mehr als zehn Jahren. Katja Hüls hatte als Nebenklägerin gegen ihren eigenen Mann darauf gedrängt, daß dieser nicht mit einer Bewährungsstrafe davonkomme. Den vorangegangenen penetranten Bemühungen von Frau Hüls und dem mit ihr verbündeten Pfarrer Heine, Axel Hüls zu pathologisieren, indem sie wiederholt Zweifel an seiner geistigen Gesundheit streuten, wurde vor Gericht eine Absage erteilt: Er mag eigenwillig sein, aber ein Psychopath, so hat der Gutachter festgestellt, ist er jedenfalls nicht.

Das Dilemma der Rechtsprechung besteht hier darin, daß die Gesetzeslage ein gerechtes Urteil nicht erlaubte. Ich will etwas weiter ausholen, um dies zu erklären:

Wenn es um die Frage geht, ob ein Staat als »Unrechtsstaat« zu bezeichnen ist, wird für gewöhnlich diskutiert, wie tief dieser Staat Rechte seiner Bürger beschneidet, also etwa die Meinungs-, Rede- oder Reisefreiheit. Dies ist aber nur die eine Hälfte des Problems. Denn ein Staat kann sich nicht nur von der Rechtlichkeit entfernen, indem er Recht zu Unrecht erklärt, sondern auch, indem er darauf verzichtet, Unrecht zu verfolgen:

Wehe den bezüglich des Bösen Sprechenden: Gut ist's, und bezüglich des Guten: Böse ist's! Die Finsternis als Licht bezeichnen und Licht als Finsternis, die Bitteres als Süßes bezeichnen und Süßes als Bitteres. (Jes. 5, 20)

Ein Unrechtsstaat entsteht also nicht nur, wenn Rechtmäßiges zur Straftat erklärt wird — zum Beispiel indem, wie in sozialistischen Staaten üblich, Bürgern regelmäßig verwehrt wird, das Land zu verlassen — sondern umgekehrt auch dann, wenn Verfehlung gebilligt wird.

Seitdem die Bundesrepublik besteht, wurden durch mehrere Strafrechtsreformen verschiedene Delikte, die zuvor viele Jahrhunderte lang als Straftaten verfolgt worden waren, durch Gesetzesänderungen legalisiert.
So wurden Homosexualität und Zoophilie legalisiert, Abtreibung regelmäßig straffrei gestellt, Ehebruch und Kuppelei werden nicht mehr verfolgt, bei Scheidungen wird die Schuldfrage nicht mehr geklärt. Inzest und Pädophilie sind einstweilen noch strafbar, es gibt aber bereits juristische Bestrebungen, Inzest zu legalisieren. Bei der Pädophilie gibt es mit Verweis auf die angebliche sexuelle Selbstbestimmung des Kindes ähnliche Versuche, die freilich in den letzten Jahren durch die Öffentlichkeitswirkung der Scandale an der Odenwaldschule und in den Großkirchen zurückgedrängt worden sind — allerdings hatte ich hier schon darauf hingewiesen, daß Homosexuellenactivisten die Legalisierung der Homosexualität nur als Etappensieg im Hinblick auf die Freigabe der Pädosexualität sehen und dieses Ziel auch nicht aufgegeben haben.

Das Problem ist: wenn ein Staat, da es ihm beschwerlich ist, bestimmte Delikte zu verfolgen, diese per Federstrich als rechtmäßig deklariert, schafft er trotzdem keinen Rechtsfrieden, sondern an anderer Stelle neue Opfer. Der Täter, welcher der Strafe enthoben wird, reagiert meist nicht demütig und dankbar darauf, sondern fordernd und frech, denn durch die staatliche Legalisierung schwindet das Unrechtsbewußtsein. Hierfür genügt schon der Verzicht auf Strafe: Abtreibung zum Beispiel, die — von extremen Ausnahmen abgesehen — straffrei ist, wird von der Mehrheit der Deutschen deshalb für legal gehalten, von einigen geradezu als Menschenrecht angesehen, obwohl sie formaljuristisch nach wie vor illegal ist.

Aber kommen wir zum Fall Hüls zurück: Wenn, wie es recht und billig wäre, Ehebruch geahndet würde, wäre die Situation, die zur Verurteilung von Axel Hüls geführt hat, erst gar nicht entstanden. Katja Hüls hätte niemals das Sorgerecht für Axels Kinder erlangen können und somit wäre die Flucht, die jetzt verurteilt wurde, gar nicht nötig geworden. Mit dem »Einbruchsdiebstahl« sieht es nicht anders aus: Da ein Mann jederzeit die volle Verantwortung für alle Personen und allen Besitz seines Hausstandes hat, muß er auch jederzeit Zugriff darauf haben, um dieser Verantwortung gerecht werden zu können. Wenn eine Frau in der ehebrecherischen Absicht, diesen Zugriff zu beschränken, Räume anmietet, wäre es Aufgabe eines Rechtsstaates, der ja von Verfassungs wegen Ehe und Familie zu schützen hätte, den Zugriff des Mannes notfalls mit Polizeigewalt durchzusetzen. Der Staat verzichtet darauf, schafft aber dadurch eben keinen Rechtsfrieden, sondern kriminalisiert stattdessen das Opfer der Willkür, hier also Axel Hüls: Da dieser selbst versucht, das Recht durchzusetzen, das Staat und Gesellschaft ihm vorenthalten, wird er vom Opfer zum Täter gemacht.
Ich denke, man tut Katja Hüls nicht unrecht, wenn man sagt, daß sie während des ganzen Prozesses vermutlich keinen Gedanken daran verschwendet hat, daß der Sitz auf der Anklagebank, wenn es wirklich mit rechten Dingen zugehen würde, eigentlich ihr zugestanden hätte und nicht ihrem Mann. Der Verzicht des Staates, Ehebruch zu ahnden, hat einen Bewußtseinswandel erzeugt: Die Täterin hat nicht einmal mehr Skrupel, als Anklägerin aufzutreten und die Gesellschaft nimmt diese Ungeheuerlichkeit mehrheitlich klaglos, ja beifällig hin — ein Kennzeichen für eine »boshafte und ehebrecherische Generation« (Mk. 8, 38), zu der, wie an der Hermannsburger SELK exemplarisch zu sehen ist, natürlich auch das religiöse Establishment gehört.

Zur Bewährung wurde die Strafe übrigens auch deshalb nicht ausgesetzt, weil Axel Hüls keine Reue erkennen ließ und sich vorbehaltlos zu seinem Tun bekannte: Also deshalb, weil sein Tun und sein Reden nicht auseinanderfallen, weil sein Ja ein Ja und sein Nein ein Nein ist (Mk. 5, 37). Das Gericht hätte Reue womöglich strafmildernd berücksichtigt, freilich hätte Hüls dadurch seine Glaubwürdigkeit verloren. Letztlich fand der Richter sogar anerkennende Worte für seine Wahrhaftigkeit.

Nun sind diese Feststellungen kein Versuch, Axel Hüls »heiligzusprechen«. Es gibt durchaus etliche Punkte, wo ihm zu widersprechen wäre. In Bezug auf die Dinge, für die er nun verurteilt wurde, ist aber festzustellen, daß die geltende weltliche Rechtsordnung ihm keine Möglichkeit gelassen hat, seine Pflichten gegenüber seiner Familie anders wahrzunehmen. In vielen anderen Fragen mag er gefehlt haben, hier aber hat er, ohne sich selbst zu schonen, Gottes Gebot über Menschensatzungen gestellt und sich damit im biblischen Sinne gerecht verhalten. Ich habe in diesem Zusammenhang gelegentlich an Simson gedacht: Ein Mann, der wahrlich vieles nicht im Griff hatte, der aber trotz seiner Unvollkommenheit in die »Ruhmeshalle der Glaubenshelden« (Hebr. 11) aufgenommen wurde.

 

 

Rückblick 1. Lesertreffen

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