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Hans Sachs: »Gottesdienst«
12. Juni 2013
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Hans Sachs
(1494 — 1576)
»Gottesdienst«
Der Gottesdienst, seht, wie er geht:
In vollem Schwang auf ganzer Erden | Mit Mönch- und Nonn und Pfaffewerden,
Mit Kuttentragen, Kopfbescheren, | Tag und Nacht in Kirchen plärren,
Metten, Prim, Terz, Vesper, Komplet, | Mit Wachen, Fasten, langem Gebet,
Mit Gertenhauen, kreuzweis Liegen, | Mit Knieen, Steigen, Bücken, Biegen,
Mit Glockenläuten, Orgelschlagen, | Mit Reliquien-, Kerzen-, Fahnentragen,
Mit Räuchern und mit Glockentaufen, | Mit Lampenschnüren, Gnad-Verkaufen,
Mit Kirchen-, Wachs-, Salz-, Wasserweihen. — | Und ebenso ist’s bei den Laien:
Mit Opfern und mit Lichtlein brennen, | Mit Wallfahrten, zu Heil’gen rennen,
Mit Abendfasten, Tagesfeiern | Und Beichten nach den alten Leiern,
Mit Brüderschaften, Rosenkränzen, | Mit Ablaßlesen, Kirchscharwenzen,
Mit Pacemküssen, Reliquienschauen, | Mit Messenstiften, Kirchenbauen,
Mit großen Kosten die Altäre zieren: | Bilder auf die welschen Manieren,
Samtene Meßgewand, Kelche gülden, | Mit Monstranzen und silbernen Bilden,
In Klöster schaffen Zins und Rent’; — | Dies »Gottesdienst« der Papst benennt
Und spricht, man wirbt damit den Himmel | Und löst mit ab der Sünden Schimmel. —
Und wenn man’s sich besieht bei Licht, | Ist alles auf das Geld gericht’t.
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Photo: © Geier